SACHWERTE SPEZIAL, Sonderausgabe 2023

klar, dass sich die Bevorzugung des ge- schlossenen Fonds in der Rechtsform der GmbH & Co. KG nicht aus dem Sach- wertcharakter des Assets ableiten lässt, den Filmrechte und auf dem Zweitmarkt ge- handelte Policen gar nicht haben. Aus- schlaggebend waren vielmehr die geringen regulatorischen Voraussetzungen, einen geschlossenen Fonds aufzulegen, und die vielen Gestaltungsmittel, die er bot, ins- besondere was die Schaffung steuerlicher Spielräume und die Optimierung des Eigennutzes der Initiatoren betraf. Epochenwechsel Die Verabschiedung des Kapitalanlage- gesetzbuchs (KAGB) im Jahr 2013 hat eine Zäsur gesetzt und einen Epochenwechsel eingeläutet (siehe den Beitrag „Zehn Jahre heile Welt“ ab Seite 62). Offene und ge- schlossene Fonds sind seither zwar einem strengen Reglement unterworfen worden, das jedoch den Eintritt der Sachwerte in die Gefilde des weißen, hochgradig regu- lierten Kapitalmarktes ermöglichte. Es kam indes auch zu Ausweichbewe- gungen. Schuldverschreibungen, Vermö- gensanlagen,Nachrangdarlehen und Anlei- hen wurden ausprobiert, und, siehe da, Sachwerte ließen sich in den unterschied- lichsten Verpackungen als Kapitalanlage- produkt auflegen. Erneut reagierte der Gesetzgeber. Per EU-Verordnung wurde schon 2015 der ELTIF ins Leben gerufen, womit im Prinzip der geschlossene Fonds eine europaweite Regulierung fand, aller- dings wurden mehrere Jahre kaum Pro- dukte initiiert. Das dürfte sich mit der No- vellierung der ELTIF-Verordnung ändern: Plötzlich tummeln sich lauter neue Pro- dukte (siehe den Beitrag „Frisch renoviert“ ab Seite 52), was zu einer neuen Unüber- sichtlichkeit geführt hat (siehe den Beitrag „Horizont erweitert“ ab Seite 66). Zukunftsthema Infrastruktur 2021 wurde das KAGB ergänzt. Seither können nach dem Muster eines offenen Immobilienfonds auch Infrastruktur-Assets in Form eines Sondervermögens aufgelegt werden. Auch hier tat sich produktseitig zunächst nichts. Inzwischen ist die DWS mit einem offenen Infrastrukturfonds am Markt, und die KGAL, Sachwertspezialist aus Grünwald, wird noch in diesem Jahr folgen. Wesentliche Vorgaben, die sich bei der Regulierung offener Immobilienfonds als sinnvoll erwiesen haben, gelten auch für das Infrastruktur-Sondervermögen, darun- ter eine Mindesthaltefrist von 24 Monaten, eine einjährige Kündigungsfrist und Vorga- ben zu Mindestquoten bezüglich Risiko- streuung und Liquiditätsreserven. TILMAN WELTHER FP Gratwanderung Als die EU 2015 den ELTIF aus der Taufe hob, sind viele richtige Erkenntnisse ein- geflossen: Sachwertinvestments leisten einen wesentlichen volkswirtschaftlichen Beitrag, sind ein sinnvoller Baustein der Vermögensbildung auch von Privatanle- gern, und langfristige Investitionsgüter brauchen Strukturen, mit denen das Kapital auch langfristig gebunden bleibt. Weil jedoch auch ein hohes Maß an Anle- gerschutz gewährleistet sein sollte, muss- ten sich Anleger einer gesonderten Geeig- netheitsprüfung unterziehen. Die sollte sicherstellen, dass ein ELTIF bei einer Mindestbeteiligung von 10.000 Euro nicht mehr als zehn Prozent seines liquiden Vermögens ausmacht, und der Fonds musste mindestens zehn Assets haben. In der Praxis konnte der ELTIF kaum Tritt fassen. Zu komplex und doch nur für Institutionelle interessant. Dabei sollte der ELTIF doch laut EU-Rat einen „Beitrag zur Finanzierung des grünenWandels“ leisten. Die im Februar verabschiedete ELTIF-No- velle will die Attraktivität dieses Vehikels für Privatanleger nun deutlich steigern. Dafür sind die erweitere Geeignetheits- prüfung und die Mindestbeteiligung abge- schafft worden, die Risikomischung wurde auf fünf Objekte gesenkt und die Quote illiquider Assets im Portfolio von 70 auf 55 Prozent reduziert. Wahrscheinlich wird der „ELTIF 2.0“ einen größeren Beitrag zur Energiewende leis- ten. Aber auch die Verantwortung der Berater ist gestiegen, denn ELTIFs sind nach wie vor nicht für jeden geeignet. Ihr Tilman Welther | Leiter Sachwerte Editorial Ohne privates Anlegerkapital wird die Energiewende nicht in Fahrt kommen. Um es zu mobilisieren, hat die EU den ELTIF einer Generalüberholung unterzogen, schließlich soll er einen „Beitrag zur Finanzierung des grünen und digitalen Wandels“ leisten, wie der EU-Rat sagt. Jedoch ist es gut möglich, dass er dabei vom neuen offenen Infrastrukturfonds nach KAGB überholt wird. fondsprofessionell.de 2/2023 13 FOTO: © FONDS PROFESSIONELL

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