SACHWERTE SPEZIAL, Sonderausgabe 2023

die erste Frage an den Kunden lautet: „Wie ist denn Ihr Anlagehorizont?“ Was sagen 99,9 Prozent aller Kunden? Drei bis fünf Jahre. Das heißt, bei so einer Abfrage fallen logischerweise alle Angebote mit einer län- geren Laufzeit weg, und der Berater muss die Beratung anpassen. Solche Absolutis- men führen zu nichts und machen eine Beratung schlechter. Welther: Nachhaltigkeit gilt einstweilen als Kostenfaktor. Wann schlägt das um – und Nachhaltigkeit wird zumWerttreiber? Schleifer: Immobilien, die Nachhaltigkeits- kriterien beispielsweise hinsichtlich Ener- gieeffizienz nicht mehr erfüllen können, werden aus demMarkt verschwinden. Wenn man nicht gleich ein neues Objekt kauft, muss man zuerst investieren, um eine Immobilie nachhaltig amMarkt posi- tionieren zu können. Mückenheim: Die energetische Sanierung bei Bestandsimmobilien ist auch bei Dr. Peters ein großes Thema, weil wir am Ende gute Exits erzielen wollen.Daher wird man nicht darum herumkommen, auch mal eine ältere Heizung zu tauschen.Nachhal- tigkeit und die ESG-Faktoren spielen zu- dem im Neugeschäft eine wichtige Rolle. Wir haben im vergangenen Jahr ein Team hinzugewonnen, das sich mit Investitionen in Solar- und Windkraft auseinandersetzt. Für professionelle Anleger haben wir einen fertigen Artikel-9-Fonds, den wir in der nächsten Zeit mit geeigneten Assets be- stücken werden. Welther: Häufig wird darüber diskutiert, was Nachhaltigkeit kostet. Wer zahlt am Ende die Zeche? Mückenheim: Ich glaube, da sind wir uns hier am Tisch einig: Einerseits kostet die Regulierung Geld, und andererseits kosten Assets mit einem ESG-Siegel mehr Geld. Das geht in der Regel zulasten der Rendite. Schleifer: Artikel-9-Fonds haben höhere Anforderungen in der Prüfung der Investi- tionen, in der Verwaltung und imManage- ment. Das geht zulasten der Erträge und somit zulasten des Kunden. Singer: Ich brauche im Vertrieb nicht zwangsläufig Artikel-9-Produkte. Wir müs- sen aufpassen, dass wir in den Produkt- unterlagen nicht wieder regulatorische Textwüsten haben, mit denen die Kunden überfordert werden. Bernau: Die ESG-Regulierung ist bereits komplex, die Komplexität wird aber durch die technischen Regulierungsstandards zunehmen. Außerdem arbeitet die Euro- päische Wertpapieraufsicht an strengeren Regeln für ESG-Fonds. Es wird sich also erst herausstellen,welche zusätzlichen Anfor- derungen ein nachhaltiger Fonds erfüllen muss, die vorher noch gar nicht klar waren. Welther: Wie schätzen Sie die Haftungs- risiken ein, wenn ein Fonds weniger nach- haltig ist, als er versprochen hat? Bernau: Das Thema Greenwashing spielt natürlich eine große Rolle. Aber als die EU- Offenlegungsverordnung herauskam, war noch gar nicht so klar, was in Zukunft eigentlich geliefert werden muss. Zur Haf- tung gegenüber den Kunden kommt es nur dann,wenn ein Schaden entstanden ist. Welther: Das Stichwort ELTIF ist schon gefallen. Warum hat sich denn die KGAL für einen offenen Infrastrukturfonds ent- schieden und nicht für einen ELTIF? Schleifer: Für uns war wichtig sicherzustel- len, dass ein illiquides Asset nicht plötzlich liquide wird. Für offene Infrastrukturfonds besteht nach dem deutschen KAGB eine 24-monatige Mindesthaltefrist und eine zwölfmonatige Kündigungsfrist.Das ermög- licht es uns als Asset Manager, ein gutes » Wir gehen von einer Bodenbildung im Lauf des zweiten Halbjahres aus. « Stefan Schleifer KGAL Stefan Schleifer ist beim Sachwertspezialisten KGAL zuständig für den Vertrieb offener Publikumsfonds. Seit 2019 ist der „Immosubstanz“ am Markt, dieses Jahr soll ein offener Infrastrukturfonds folgen. FOTO: © NIKOLA HAUBNER fondsprofessionell.de 2/2023 21

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