SACHWERTE SPEZIAL, Sonderausgabe 2023

Deutschland hinkt im europäischen Vergleich hinter Ländern wie Frankreich und Italien allerdings noch etwas hinterher. Rund 1,5 Milliarden Euro waren bis Ende 2022 in deutschen Langfristfonds investiert. Der ELTIF-Spitzenreiter Frankreich ver- zeichnete fast 3,8 Milliarden. Zudem ent- fallen hierzulande fast zwei Drittel des Gesamtvolumens allein auf den Klimavest der Commerz Real. „Abseits des Klimavest hat sich der ELTIF in Deutschland bislang nur im Pri- vate-Wealth-Segment von Großbanken eta- bliert“, sagt Scope-Expertin Andrea Vathje. Signifikante weitere Vertriebskanäle seien auch 2022 nicht hinzugekommen. Bei frei- en Finanzberatern spielten ELTIFs bislang so gut wie keine Rolle. Kundennachfrage steigt „Seit Jahresbeginn 2023 lässt sich aber beobachten, dass auch in den deutschen ELTIF-Markt eine Dynamik kommt“, berichtet Vathje. Die Kundennachfrage nehme zu, kleinere Stiftungen sowie Fami- ly Offices fänden mehr und mehr Ge- schmack an den europäischen Langfrist- vehikeln. Und auch bei Maklerpools steige das Interesse (siehe auch den Beitrag zu ELTIFs im Hauptheft 2/2023). „Ein klarer Treiber dieser Entwicklung ist die im Februar vom EU-Parlament verabschie- dete überarbeitete ELTIF-Ver- ordnung“, erklärt Vathje. Schließlich bringt sie für Asset Manager Erleichterungen bei der Auflage europäischer lang- fristiger Investmentfonds, vor allem aber wird der Vertrieb wesentlich vereinfacht. Bislang müssen Anbieter von ELTIFs mindestens 70 Pro- zent des Fondsvolumens in illi- quide Vermögenswerte inves- tieren, diese Grenze hat die neue Verordnung auf 55 Pro- zent gesenkt. Die „zulässigen Vermögenswerte“ wurden präzisiert und erweitert. Immobilieninvestments werden einfacher, die maximal zulässige Anlage in einzelne Vermögenswerte steigt von zehn auf 20 Prozent. Investitionen in Zielfonds sind künftig erlaubt, sodass ELTIFs als Dachfonds ausgestaltet werden können und unter anderem auch in UCITS-Fonds anlegen dürfen. Und das sind nur einige Erleichterungen, die „ELTIF 2.0“ für die Asset Manager mit sich bringt. Noch gravierender sind ohnehin die Änderungen, die den Vertrieb betreffen. Nach der alten Verordnung dürfen ELTIFs nur an Privatanleger vertrieben werden, die zumindest über ein Vermögen von 100.000 Euro frei verfügen können. In diesem Fall dürfen maximal zehn Prozent der Summe in einen Langfristfonds investiert werden. Lediglich Kunden mit einem liquiden Anlagevermögen ab 500.000 Euro können jede Summe in einen ELTIF fließen lassen. Vermögens-Check Fonds mit einer Mindestanlagesumme von unter 10.000 Euro aufzulegen war damit bisher nicht möglich. Berater müs- sen bislang außerdem zwingend einen Ver- mögens-Check vornehmen und abfragen, ob ein potenzieller Kunde diese Vorgaben überhaupt erfüllt. „In der neuen Verordnung sind der Min- destanlagebetrag von 10.000 Euro und die Zehn-Prozent-Obergrenze für Privatanleger mit liquiden Vermögen unter 500.000 Euro gestrichen“, sagt Scope-Expertin Vathje. Auch die besondere Geeignetheitsprüfung, bei der Finanzberater Kunden mit Interesse an einem ELTIF die illiquiden Assetklassen vorstellen müssen, in die solche Fonds investieren, entfällt. Künftig ist eine übliche Mifid-II-konforme Beratung ausreichend. „Nur bei Produk- ten mit einer Laufzeit von mindestens zehn Jahren müs- sen die Finanzprofis Privatan- leger darauf aufmerksam ma- chen“, sagt Vathje. Der Weg ist frei Sobald die ELTIF-2.0-Regeln anzuwenden sind, ist damit der Weg für Finanzberater oder Financial Planner frei, auch we- niger vermögenden Anlegern langfristige europäische Invest- mentfonds zu empfehlen – theoretisch. In der Praxis dürfte es noch eine Weile dauern, bis Sprunghafter Anstieg Zahl der ELTIFs nach Auflagejahr 2016, im Jahr nach der Zulassung des ELTIFs, wurden sieben dieser Fonds registriert. 2022 waren 23, im Jahr zuvor 25. Quelle:ScopeFundAnalysis |Stand:31.12.2022 Zahl neu registrierter ELTIFs Zahl der Asset Manager mit ELTIF-Premiere 0 5 10 15 20 25 30 2022 2021 2020 2019 2018 2017 2016 2015 » Wir stehen am Anfang einer interessanten Entwicklung. « Stefan Becker Neuberger Berman fondsprofessionell.de 2/2023 53 FOTO: © JOHANNES VOGT | FONDS PROFESSIONELL

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