SACHWERTE SPEZIAL, Sonderausgabe 2021
Bulker mit jeweils etwa 40.000 Tonnen Tragfähigkeit investiert, die bereits in Be- schäftigung seien. An dieser Stelle wählt Arndt das Bild vom „dicken Brett“: „Wir haben ein bera- tungsintensives Produkt gebracht, das auf drei Ebenen hohen Erklärungsbedarf hat.“ Das beträfe erstens die Chancen und Risi- ken eines digitalen Investments, zweitens die Verwahrung in der Wallet. Drittens seien Schiffsbeteiligungen „zu Recht in Ungnade gefallen“, so Arndt, da zahlreiche Initiatoren sie vor der Finanz- und Wirt- schaftskrise 2008 „als Altersvorsorge an Normalverdiener verkauft“ hätten. Seit der Krise sind viele Initiatoren vom Markt verschwunden. Tausende von Anle- gern haben ihr eingesetztes Kapital verlo- ren. Doch nach jahrelanger Flaute haben 2020 zwei Anbieter Schiffs-Token emittiert. Neben der Reederei Vogemann war das New Shore Invest mit dem „RHAS-5-To- ken“. Über ihn können Anleger in den Neubau eines Mehrzweckfrachters mit einer Tragfähigkeit von 4.200 Tonnen inves- tieren, der alle aktuellen Umweltauflagen erfüllt. Während der „Green Ship Token“ Fremdkapital ist, handelt es sich beim „RHAS-5-Token“ um eine Beteiligung an einer Kommanditgesellschaft (KG),mithin um Eigenkapital. Das Emis- sionsvolumen beträgt 2,18 Mil- lionen Euro und das Mindest- investment 1.000 Euro. Hanno Tamminga, Ge- schäftsführer bei New Shore Invest, betont die wirtschaft- lichen Vorteile digitaler Schiffs- investments: „Mit der Tokeni- sierung lässt sich der Vertrieb verschlanken, denn die Anleger zeichnen digital. So gehen über 90 Prozent des Emissionserlö- ses ins Investment.“ Einstellung Ruhig geworden ist es um eine andere digitale Schiffs- finanzierungsvariante: die Schwarmfinan- zierung, im Fachjargon Crowdinvesting genannt. Die Plattform Marvest hatte mit dem Mehrzweckschiff „MS Louise Auer- bach“ und dem Bulker „MS FL Levante“ zwei Projekte auf diesem Wege finanziert, Mindestanlage: 500 Euro. Im November 2019 folgte das dritte Angebot, das Mehr- zweckschiff „MVManisa Floyen“. Das Fun- ding würde jedoch nicht weiter verfolgt und die Anleger bekämen ihr Investment zurückerstattet, heißt es auf Nachfrage. Die Reederei Ernst Russ teilt mit: „Marvest wurde von der Ernst Russ AG als Co-Inves- tor initiiert, wurde aufgrund der fehlenden Perspektive jedoch eingestellt. Wir haben festgestellt, dass der Markt noch nicht reif für diese Form des digitalen Investments im Schifffahrtsbereich ist.“Mit der Tokeni- sierung und ähnlichen Finanzierungs- formen habe man sich selbstverständlich beschäftigt. „Wir werden diese Art der Finanzierung allerdings nicht zur Finanzie- rung unserer Flotte oder für andere Invest- ments nutzen, da unser Shareholder-Kreis zu rund 70 Prozent aus institutionellen Investoren besteht“, heißt es weiter. Pläne Im Markt dürften weitere digitale Schiffsinvestments jedoch folgen. „Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wir in zwei Jahren etliche Schiffs-Token am Markt sehen werden“, prophezeit Arndt von der Reederei Vogemann. Sein Team denkt über den nächsten Schiffs-Token nach – und darüber, was daran anders sein sollte als beim ersten Mal. Er könnte „mit viel Glück“ noch 2021 kommen, ansonsten 2022. Und New Shore Invest hofft darauf, trotz gestiegener Preise Ende 2021 oder Anfang 2022 einen „RHAS-6-Token“ emittieren zu können. Auch ein langjähriger Schiffsfondsinitiator beobach- tet den Markt: die Oltmann Gruppe, die zuletzt im Okto- ber 2018 einen Mehrzweck- frachter über einen KG-Publi- kumsfonds finanziert hatte. „Wir wollen innerhalb des nächsten Jahres unseren ersten Schiffs-Token emittieren“, kün- digt Geschäftsführer Hendrik Schweinezyklus der Schifffahrt Als Schweinezyklus wird die periodische Schwankung von Angebotsmenge und Marktpreis eines Wirtschaftsgutes bezeichnet. Quelle:NewShore Invest Steigende Schiffswerte Neubau & Bestellungen Marktüber- kapazität Zunehmende Ausmusterung Sinkende Schiffswerte Sinkende Charterraten Sinkende Nachfrage für Schiffsneubauten & Gebrauchttonnage Steigende Nachfrage für Schiffsneubauten & Gebrauchttonnage Sinkendes Tonnage- angebot & steigende Flottenauslastung Erholung der Charterraten Runter mit den CO 2 -Emissionen Der Umweltausschuss der Internationalen See- schifffahrtsorganisation IMO hat im November 2020 Maßnahmen beschlossen, um Seeschiffe effizienter und damit umweltfreundlicher zu machen. Erstens müssen nun Schiffe ab einer Bruttoraumzahl von 5.000 von 2023 an be- stimmte Vorgaben zur Verminderung ihres Treib- hausgasausstoßes erfüllen. Hierfür müssen Be- treiber Brennstoffverbrauch und CO 2 -Emissionen mit technischen Maßnahmen senken. Die Ener- gieeffizienz jedes Schiffs wird berechnet mit dem Standard EEXI (Energy Efficiency Existing Ship Index). Eine vergleichbare Vorgabe gilt be- reits für Schiffsneubauten seit 2013. Zweitens soll ab 2023 auch der Schiffsbetrieb an strengen CO 2 -Emissionswerten ausgerichtet werden. fondsprofessionell.de 3/2021 67
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