Eigentlich scheint das Umfeld für einen weiteren Kursanstieg an den Börsen optimal. "Der Himmel strahlt zwar blau, doch am Horizont zeichnen sich Wolken ab", sagte Harald Preißler, Chefvolkswirt der Investmentgesellschaft Bantleon, auf einer Podiumsdiskussion, die der Interessenverbund vermögensverwaltender Investmentfonds (IVIF) am Vorabend des FONDS professionell KONGRESSES im Mannheimer Barockschloss organisiert hatte. "Die Börsenbären schienen in freier Wildbahn ausgestorben zu sein", sagte Preißler. "Doch nun blicke ich sorgenvoll in die Zukunft."

Bislang sei die Lage sehr idyllisch, erläuterte der Anlagechef des Fondshauses. "Die Stimmung ist sehr gut", so Preißler. Doch genau dies mache ihn misstrauisch. Die Bewertungen von Aktien seien hoch, manche Märkte wie die USA seien gar "ohne Ende überkauft". Der Konjunkturaufschwung verlaufe weltweit synchron, sogar in der europäischen Peripherie. "Die Finanz- und die Euro-Krise ist endlich überwunden", hält der Experte fest. "Doch wir schreiten aus einem deflationären Umfeld zügig in eine Inflation", warnte Preißler.

Fehlende Arbeitskräfte als Zündfunke
Als Zündfunken für eine anziehende Teuerung sieht der Bantleon-Fachmann den Arbeitsmarkt. Arbeitskräfte würden knapp. "Das ist ein substanzieller Wandel", erläuterte Preißler. "Erstmals seit langem kommt wieder Druck durch steigende Löhne auf die Unternehmen zu." Die Notenbanken würden daher ihre lockere Geldpolitik zurückfahren – sogar schneller, als viele Beobachter annehmen. "Die Geldflut als Verbündeter der Hausse ebbt ab." Zwar erwarte er noch keine Rezession oder einen Orkan an den Börsen, aber der Wind drehe. Damit könne noch 2018 immerhin ein Sturm heraufziehen. 

Ähnlich argumentierte auch Arne Sand, Geschäftsführer von Smart-Invest. Zahlreiche Staaten seien extrem verschuldet, die Bewertungen an den Börsen hoch, die Zinsen aber noch niedrig. "Diese Konstellation ist wie eine gespannte Mausefalle: Irgendwann wird sie zuschnappen", sagte Sand. "Wenn die Inflation steigt, müssen die Notenbanken reagieren." Das würde die Aussichten für die Aktienmärkte eintrüben. Anders als Preißler sieht Sand aber noch keine akute Gefahr. Wann die Falle zuschnappt, lasse sich schwer vorhersagen. 

"Nicht mit offenem Visier losstürmen"
Auch Matthias Herold vom Vermögensverwalter Robert Beer mahnte angesichts der sehr optimistischen Stimmung an den Märkten und den guten Konjunkturerwartungen zur Vorsicht. "Keiner will überrascht werden", sagte Herold. "In der jetzigen Phase mit offenem Visier in den Markt zu stürmen, ist riskant", so der Experte. Antea-Vorstand Johannes Hirsch wiederum betonte die guten Aussichten für das weltweite Wirtschaftswachstum. Doch auch er warnte vor den Folgen des Ausstiegs aus der lockeren Geldpolitik.

Große Unterschiede gab es bei der Frage, wie die Profis mit dem Umfeld umgehen. "Dann wird das hässliche Entlein im Teich wieder schön, dass keiner haben will: langlaufende Bundesanleihen", sagte Preißler. "Ihre Kursgewinne haben es in sich, wenn es bei Aktien scheppert." Anders sah das etwa Herold von Robert Beer: "Renten sind ausgereizt und keine Alternative mehr. Wir bleiben der Aktie treu verbunden." (ert)