Während einige Händler darauf setzen, dass die US-Notenbank bereits im ersten Quartal mit Zinssenkungen beginnen wird, erwarten die Strategen des Asset-Management-Riesen Blackrock, dass die Lockerung erst Mitte des Jahres einsetzen wird. "Wir sehen das Risiko, dass diese Hoffnungen enttäuscht werden", schreiben die Strategen um Wei Li und Alex Brazier in ihrem Ausblick auf das kommende Jahr. "Höhere Zinsen und größere Volatilität werden das neue Regime bestimmen."

In diesem Umfeld bevorzugt der größte Fondsmanager der Welt Anleihen mit kurzen und mittleren Laufzeiten als Ertragsquelle, bleibt aber in seiner strategischen Allokation in langlaufenden Staatsanleihen untergewichtet, wie aus dem vom Blackrock Investment Institute veröffentlichten "Global Outlook 2024" hervorgeht.

"Märkte schwanken zwischen Hoffnung auf weiche Landung und Rezessionsängsten"
Da die Zinsen voraussichtlich über dem Niveau vor der Pandemie bleiben werden, hat Blackrock auch seine längerfristige strategische Einschätzung für Aktien aus den Industrieländern auf "neutral" herabgestuft und begründet dies mit den hohen Bewertungen und den schwachen Wirtschaftsaussichten. Bei Unternehmen aus dem Bereich der Künstlichen Intelligenz bleibt die Position übergewichtet.

"Die Märkte schwanken zwischen der Hoffnung auf eine weiche Landung und Rezessionsängsten", heißt es in der Analyse. "Das geht am Thema vorbei. Die Wirtschaft normalisiert sich von der Pandemie und wird von strukturellen Faktoren beeinflusst. Die daraus resultierende Diskrepanz zwischen dem zyklischen Narrativ und der strukturellen Realität heizt die Volatilität weiter an."

Geopolitisch bedingte Versorgungsengpässe, schrumpfende Belegschaften aufgrund der alternden Bevölkerung und der Übergang zu einer emissionsarmen Wirtschaft treiben Veränderungen voran, die zu geringerem Wachstum, einer über den offiziellen Zielen liegenden Inflation und erhöhter Unsicherheit führen werden, warnte Blackrock. Das schaffe ein volatiles Umfeld, in dem aktive Manager ihre Stärken ausspielen können, so die Strategen.

Aus dem Takt geraten
Jedoch scheinen die Blackrock-Empfehlungen zuletzt nicht mit den jüngsten Marktbewegungen übereinzustimmen. Aktien und Anleihen, ob mit kurzen oder langen Laufzeiten, haben zugelegt. Die Volatilität ist gesunken, da die Händler die Meinung teilen, dass die Federal Reserve die Zinserhöhung abgeschlossen hat. Jetzt liegt der Fokus darauf, wann die Fed mit den Zinssenkungen beginnt, und um wie viel.

Angesichts der nachlassenden Inflation und der sich verlangsamenden Konjunktur haben die Händler in den letzten Wochen verstärkt auf Zinssenkungen gewettet. Die Geldmärkte gehen derzeit davon aus, dass die Fed im Mai mit der Lockerung beginnen wird. Marktpreise deuten darauf hin, dass Fed und EZB die Zinsen im nächsten Jahr um mindestens 125 Basispunkte senken werden. Die steigende US-Schuldenlast sei ein weiterer Grund, langfristige Staatsanleihen zu meiden, so Blackrock.

Wenn die Zinsen in der Nähe von fünf Prozent bleiben, könnte die Regierung in ein paar Jahren mehr für Zinszahlungen als für Gesundheitsleistungen ausgeben, so die Strategen. Dies könnte zu einer verfestigten Inflation und einem stockenden Wachstum führen, da die Zentralbanken auf eine schwächelnde Wirtschaft nicht wie in der Vergangenheit mit aggressiven Zinssenkungen reagieren können. "Dies erhöht das langfristige Risiko einer höheren Inflation, da die Zentralbanken weniger aggressiv auf die Inflation reagieren", heißt es in dem Bericht. (mb/Bloomberg)