Im Herbst 2000 schlossen sich fünf Investmentprofis zusammen und gründeten die Nebenwerteboutique Lupus Alpha. Später kamen Felder wie Wandelanleihen, Wertsicherung oder Volatilität hinzu. Zunächst hatte das Team institutionelle Anleger im Fokus, doch seit 2016 spricht das Haus auch den Wholesale-Markt an – und nahm 2018 erstmals am FONDS professionell KONGRESS in Mannheim teil.

Wie sich das Geschäft der partnerschaftlich organisierten Boutique entwickelte, welche Vorteile die Spezialisierung bietet, warum ETFs keine Option für das Haus sind und welche Erfahrungen das Team beim Test von künstlicher Intelligenz machte, berichtet der Gründungspartner und Vorstandsvorsitzende Ralf Lochmüller.


Herr Lochmüller, nach Jahren des Wachstums erlebte die Fondsbranche 2022 einen Rückschlag. Auch 2023 ist das Geschäft gedämpft. Die großen Anbieter scheinen damit besser klar zu kommen. Wie steht Ihr Haus da?

Ralf Lochmüller: Die Spezialistenwelt ist nach wie vor unglaublich spannend. Da gibt es noch so viel Raum, sich mit Themen zu positionieren. Wir als spezialisierte Boutique müssen uns überhaupt keine Sorgen über einen Verdrängungskampf machen. Unsere Fonds liefern zudem eine sehr gute Performance. Aber natürlich bemerken wir auch, dass der Zins zurückkommt. Die Anleger orientieren sich eher Richtung Geldmarkt oder Anleihen. Mit unseren Spezialthemen dringen wir da derzeit nicht immer durch. Dabei können diese in einem diversifizierten Portfolio gut zum langfristigen Vermögensaufbau beitragen.

Das Mittelfeld der Asset Manager stehe hingegen besonders unter Druck, heißt es immer wieder.

Lochmüller: Das liest man schon seit einigen Jahren. Aber es scheint auch im Mittelbau viele Anbieter zu geben, die sich da seit Jahren irgendwie bewegen. Vielleicht wachsen sie weniger, aber sie ringen sich durch. Natürlich besteht ein gewisser Druck, ein vernünftiges Geschäft zu betreiben. Da muss jeder sein eigenes Modell finden. Allein die Größe zu betrachten, reicht jedoch nicht. Und die großen Anbieter skalieren natürlich vor allen Dingen im passiven Geschäft. Gerade in den USA weist dieses ein enormes Wachstum auf. Das geht aber eben teilweise auch mit einem unglaublichen Margenkampf einher.

Wäre die Auflage von börsengehandelten Indexfonds (ETFs) für Ihr Haus eine Option?

Lochmüller: Für uns kommt das nicht infrage. Ich zweifele, dass der Versuch mancher Häuser, sowohl aktives wie auch passives Geschäft zu betreiben, auf Dauer funktioniert. Die Unternehmenskultur, die sie für ein erfolgreiches ETF-Geschäft benötigen, ist eine ganz andere als die, mit der sie aktive Fondsmanager langfristig an sich binden. Es gibt namhafte Häuser, die das seit Jahren versuchen. Aber meines Erachtens werden die damit Schiffbruch erleiden.

Neben den ETFs beschäftigt ein weiteres Thema die Branche seit Jahren: Nachhaltigkeit. Nehmen Sie bei Lupus Alpha ESG-Aspekte auf?

Lochmüller: Ja, wir begreifen dies als Schnittstellenaufgabe. Da müssen Fonds-, Produkt- und Risikomanagement gemeinsam mit Legal, Compliance und Reporting ran. Alles muss aus einem Guss kommen. Dann kann man auch sauber und transparent agieren. Denn eines wollen wir nicht: Dass nachhaltige Anlagekriterien in einer Struktur verpackt werden, aber der Kunde nicht genau weiß, was er bekommt. Unsere Anleger schätzen diese Transparenz. Wir fragen ESG-Kriterien bei unseren vielen Kontakten mit den Unternehmen ab. Denn beispielsweise bei den Small- und Mid-Caps ist die ESG-Datenlage oft noch nicht so gut. Zudem unterstützen wir gerne Transformationsprozesse. Wir schauen sowohl auf die Unternehmen, die schon dunkelgrün sind, als auch auf diejenigen, die sich verbessern wollen.


Mit welchen Hürden sich das Team im Laufe der Zeit konfrontiert sah, wie Lupus Alpha ursprünglich heißen sollte und warum es dann ganz anders kam, verrät Lochmüller in einem langen Interview in der neuen Ausgabe 4/2023 von FONDS professionell, die in den nächsten Tagen zugestellt wird.


Kürzlich kam mit der künstlichen Intelligenz ein weiteres Trendthema hinzu. Setzt Ihr Haus KI-Modelle wie ChatGPT ein?

Lochmüller: Vor einem guten halben Jahr haben wir begonnen, ChatGPT zu testen. Viele Mitarbeiter sind der Ansicht, dass sich ihre Arbeit zwar verändern würde, sich aber auch Chancen ergeben. Besonders gut funktioniert KI beim Programmieren. Da waren wir überrascht. Es hilft aber beispielsweise auch bei der Vorbereitung bis hin zur Erstellung von Präsentationen.

Gab es auch schlechte Ergebnisse?

Lochmüller: Negative Erfahrungen machten wir beim Vertragswesen. Da hatten wir uns mehr erhofft. Zudem liefert ChatGPT zwar Textbausteine und hilft, Texte vorab zu filtern. Aber beim Verfassen von wirklich fundierten Texten haben wir es nicht als Hilfe empfunden. Bei KI handelt es sich also um ein durchaus mächtiges Werkzeug, das die Branche verändern wird und was man sich zunutze machen sollte.

Kann KI ein besserer Portfoliomanager sein?

Lochmüller: KI ist bei einem Hautkrebs-Screening jedem Arzt überlegen, da es die Muster erkennt. Die Strukturen der Märkte sind jedoch zu chaotisch. Um Marktineffizienzen zu heben, braucht es mehr, als selbst ein intelligenter Algorithmus allein leisten kann. Doch es ist ein offenes Spiel und wir lassen uns auf gerne auf den Wettbewerb ein.

Sie würden also gegen einen KI-Fonds antreten?

Lochmüller: Ja. Allerdings hoffe ich, dass diejenigen, die so einen Fonds aufsetzen, auch wissen, was sie da anbieten und was die KI da reinpackt. Die Branche wittert bereits eine weitere Vertriebschance. Da sind die nächsten Enttäuschungen programmiert. Statt die nächsten Themenfonds wie die Sau durchs Dorf zu treiben, stünde es unserer Branche gut zu Gesicht, auf die Glaubwürdigkeit zu achten. Denn am Ende sollte der langfristige Vermögensaufbau unserer Kunden im Vordergrund stehen.

Vielen Dank für das Gespräch. (ert)