Die US-Leitzinsen sind auf dem höchsten Niveau seit mehr als 20 Jahren. Und kurzfristige Zinssenkungen sind unwahrscheinlich. "Unternehmen, Staaten und Investoren müssen sich weiterhin mit ungewohnt hohen Kapitalkosten auseinandersetzen", sagt Marcus Hüttinger, Marktstratege beim Vermögensverwalter Gané. Das hat weitreichende Konsequenzen, wie  Hüttinger erläutert.

Höhere Finanzierungskosten dürften seiner Meinung nach zu einem weiteren Anstieg der Zahl von Unternehmenspleiten führen. Hüttinger: "Während ein Großteil der US-Unternehmen aus dem S&P-500-Index das niedrige Zinsniveau der vergangenen Jahre clever nutzte, um sich langfristig zu attraktiven Konditionen zu refinanzieren, kommt auf viele Zombie-Unternehmen aus dem Hochrisikosegment ein früherer und prozentual größerer Refinanzierungsbedarf zu." Anschlussfinanzierungen und eine höhere Zinsbelastung würden für diese Firmen schnell eine große, wenn nicht gar unlösbare Herausforderung darstellen.

Geschäftsmodelle auf der Probe
Ein weiterer Punkt laut Hüttinger: "Höhere Zinsen werden die tatsächliche Leistungsfähigkeit von Management und Geschäftsmodellen schneller und deutlicher zutage fördern." 40 Prozent des realen Wachstums der US-Unternehmensgewinne zwischen den Jahren 1989 und 2019 beruhten auf niedrigeren Zinsaufwendungen und gefallenen Unternehmenssteuersätzen. "Dieser Rückenwind ist zwischenzeitlich zu einem Gegenwind geworden", so der Stratege.

Zudem, so Hüttinger, führen höhere Zinsen zwangsläufig zu einem wachsenden Schuldendienst für Staaten. Er sagt: "Die Zeit sinkender Zinsaufwendungen bei steigender Verschuldung ist vorüber." In Deutschland betrugen die Zinsausgaben des Bundes im Jahr 2021 demnach gerade einmal vier Milliarden Euro. Im Jahr 2023 werden sie nach Schätzung des Bundesfinanzministers auf rund 40 Milliarden Euro anwachsen. 

Mit Verweis auf Warren Buffett
2016 hatte Warren Buffett über die Bedeutung des Zinsniveaus für die Bewertung von Vermögensgegenständen gesagt: "Zinssätze wirken auf die Bewertung von Assets wie eine Schwerkraft. Wenn die Zinsen gleich Null sind, können die Preise von Vermögenswerten fast unendlich hoch sein. Sind die Zinssätze dagegen extrem hoch, übt das umgekehrt eine enorme Schwerkraftanziehung auf die Preise von Vermögenswerten aus." Gané-Stratege Hüttinger beobachtet die Gravitationskraft von hohen Zinsen sehr genau. Er sagt: "Daher bleiben wir auf Aktien von hochprofitablen Gewinnerunternehmen mit niedriger Verschuldung und auf kurzlaufende Staats- und Unternehmensanleihen mit hoher Bonität und Liquidität fokussiert."

Mit den Chancen und Risiken in einem veränderten und sehr dynamischen Anlageumfeld beschäftigt sich auch Gané-Vorstand Uwe Rathausky bei seinem Vortrag "Investieren nach dem Zinshammer" beim kommenden FONDS professionell KONGRESS am 24. und 25. Januar in Mannheim. (jh)