Bert Flossbach ist nicht nur ein guter Portfoliomanager, auch seine Entertainer-Qualitäten lassen sich sehen. Das zeigte er zu Beginn seines Vortrages "Investieren in der neuen (Zins)Welt" auf dem FONDS professionell KONGRESS. Der Co-Gründer und Vorstand des Vermögensverwalters Flossbach von Storch skizzierte die politischen Krisenherde in der Welt, die Investments beeinflussen. "Wir haben selbst Krisen in Deutschland", bemerkte er, gefolgt vom Hinweis auf das "Sturmtief Claus" – eine Anspielung auf den Streik der Lokführer, den die Gewerkschaft GDL unter ihrem Chef Claus Weselsky am Mittwoch (24.1.) begonnen hatte.

Schnell war Flossbach aber bei seinem eigentlichen Thema: Investments und Finanzmärkte. Ausgangspunkt seiner Ausführungen waren Inflation und Zinsniveau. Die Inflation ist in Deutschland in den vergangenen Monaten wieder gesunken, auch die Kerninflation. "Das Problem ist nun die 'letzte Meile', das von der Europäischen Zentralbank ausgegebene Inflationsziel von zwei Prozent zu erreichen", so Flossbach. Das werde schwer, auch weil die Löhne steigen dürften. Hinzu kommen weitere Inflationstreiber: demografische Entwicklung, Dekarbonisierung, Deglobalisierung. "Daher ist es alles andere als sicher, dass das Ziel von zwei Prozent Inflation erreicht wird – und schon gar nicht so schnell."

Renditen von Anleihen
Wie und mit welchen Assets kann man nun genügend Erträge erwirtschaften? Die Renditen zehnjähriger deutscher Bundesanleihen liegen aktuell bei 2,3 Prozent – zu wenig angesichts der Inflation. Es bleiben Flossbach zufolge etwa Investment-Grade-Unternehmensanleihen, die rund 3,8 Prozent Rendite bringen, letztlich aber auch nicht attraktiv seien. Eine höher rentierliche Alternative gebe es mit Hybridanleihen, die rund sechs Prozent Rendite versprechen. "Das ist nichts, was einem eine Abfederung bietet, wenn es richtig runtergeht, es gibt aber zumindest einen guten 'Renditebodensatz'", so der Fondsmanager. Im Dollar-Bereich sehe es auch nicht so gut aus, zehnjährige US-Staatsanleihen rentieren im Moment mit 4,1 Prozent. "Das ist viel besser als das, was wir in der Vergangenheit hatten, aber bei Weitem nicht so gut, dass man von einem goldenen Jahrzehnt sprechen könnte."  

Weiter also zu Aktien. Worauf soll man bei diesen schauen? Die Einschätzung der Bewertungen ist schließlich nicht einfach, wie der Starmanager am Beispiel der "Magnificent Seven" aufzeigte, den sieben großen US-Technologieunternehmen. "Eine Blasenbildung bei den Preisen sehe ich nicht, die Erträge der Firmen sind fundiert", so Flossbach. Allerdings seien die Bewertungen "nicht ohne". Vor zehn Jahren hatte etwa Microsoft noch ein KGV von zwölf, heute liegt es bei rund 36. Die Bewertungen der Aktien sind nach Flossbachs Meinung aber gerechtfertigt, wenn man sich die historische Entwicklung anschaue.

Was Charlie Munger riet
Solche Aktien haben also Qualität, sind aber nicht billig. Flossbach verwies darauf, dass der kürzlich verstorbene Charlie Munger seinem langjährigen Partner Warren Buffett riet, dass man für Qualitätsaktien mit hohem KGV, die überdurchschnittliches Potenzial haben, auch ruhig Geld ausgeben kann. Wie aber findet man die? Und was ist der angemessene Preis dafür?

Flossbach erläuterte das interne Rating-Modell des Vermögensverwalters zur Identifizierung von Qualitätsaktien. Bei Qualität gebe es zwei Dimensionen: Zum einen die fundamentale Basis und zum anderen die Wachstumsperspektive. Die fundamentale Basis einer Firma macht der Vermögensverwalter an Robustheit wie Widerstandsfähigkeit gegen Krisen und Anpassungsfähigkeit fest, was sich vor allem in der Ertragssicherheit niederschlägt. Flossbach und sein Team teilen die Unternehmen hierbei in Kategorien von A bis F ein, wobei A die höchste ist. Neben der fundamentalen Basis müssen aber auch die Wachstumserwartungen stimmen, gemessen an den Kategorien 0 bis 5. "Daher ist also ein A5-Rating das beste." 

Auch mal geduldig sein
Um die Aktien von A5-Unternehmen zu kaufen, muss aber auch der Preis stimmen. Flossbach erläuterte dies am Beispiel zweier europäischer Konsumgüterfirmen aus ähnlichen Branchen mit vergleichbarer Profitabilität: Eine sei zuletzt deutlich stärker gewachsen und stand im Fokus der Öffentlichkeit. "Wir halten den Qualitätsvorsprung der einen Aktie zwar für ersichtlich, aber für überzahlt." Hier müsse man geduldig sein. Man werde erleben, dass die ein oder andere Aktie mit hohen Bewertungen wieder ein Preisniveau erreicht, zu dem man sie kaufen kann. Grundsätzlich seien indes viele Aktien gar nicht so teuer, wie es das KGV von Indizes suggeriert. So sei etwa die Bewertung des S&P 500 durch die genannten Schwergewichte nach oben getrieben worden.

Zum Schluss präsentierte der Starmanager noch seine Renditeerwartungen für die kommenden zehn Jahre: Bei Anleihen gehen er und sein Team von rund 3,5 Prozent aus, bei Aktien von etwa 7,0 Prozent jährlich. "Die Differenz ist okay, das ist die Risikoprämie, die Aktien gegenüber Anleihen historisch haben." (jb)