Warum sollten Vermittler lieber zwei Mal hinschauen, wenn Fondsgesellschaften ihr Analystenteam deutlich aufstocken? Jeder dieser Analysten generiert mehrere Investmentideen – und wenn Fondsmanager zu viele davon nicht umsetzen, leidet die Stimmung. "Gerade auf der Aktienseite ist es für Portfoliomanager aber wichtig, sehr selektiv vorzugehen und nicht zu viele Ideen zu verfolgen", sagte Uwe Rathausky, Mitgründer und Vorstand der Aschaffenburger Fondsboutique Gané, in seinem Vortrag beim FONDS professionell KONGRESS.

Die seit der Zinswende höheren Anleiherenditen belasteten zuletzt zwar generell die Aktienkurse nicht. "Wer aber etwa ganz bewusst die Papiere der 'Glorreichen Sieben', also die Aktien der Tech-Konzerne Meta, Amazon, Apple, Microsoft, Google, Tesla und Nvidia, für sein Portfolio selektiert hat, durfte sich 2023 über ein Kursplus von rund 70 Prozent freuen", so Rathausky. Nun stelle sich die Frage, ob die Selektion dieser Titel auch weiterhin Erfolg verspreche.

Schumpeters Opfer?
"Werden diese Unternehmen vielleicht Schumpeter zum Opfer fallen?", fragte Rathausky und spielte auf den Begriff der schöpferischen Zerstörung an. Diesen prägte der österreichische Ökonom und Finanzpolitiker Joseph Schumpeter, der damit die Zerstörung von alten Märkten und Marktakteuren durch neue Technologien, Produkte, Dienstleistungen, Methoden oder Geschäftsmodelle bezeichnet.

"Natürlich greift sich Schumpeter immer wieder einige Unternehmen, aber zerstört er wirklich die besten?" fragte Rathausky. Er sei anderer Meinung, sagte er, und untermauerte seine Ansicht mit Zahlen. "Der indische Value-Investor Pulak Prasad hat die Langlebigkeit der Fortune-Global-500-Unternehmen untersucht, und zwar über die 60 Jahre zwischen 1955 und 2015 hinweg", berichtete der Gané-Vorstand. Das Ergebnis: Zwischen 40 und 45 Prozent entwickelten sich in diesem Zeitraum gut.

Lohnenswertes Vorgehen
Die wenigsten Unternehmen schafften es überhaupt in die jährlich erscheinende Liste der 500 umsatzstärksten Unternehmen der Welt, die vom US-amerikanischen Wirtschaftsmagazin "Fortune" veröffentlicht wird. "Wenn sich dann zwischen 40 und 45 Prozent der Firmen über 60 Jahre hinweg gut entwickeln, bestätigt dies, dass es sich für Fondsmanager lohnt, selektiv vorzugehen", befand der Gané-Vorstand.

Dies zeige auch eine Studie von Hendrik Bessembinder, Professor an der Arizona State University. Er untersuchte für den Zeitraum von 1926 bis 2016 die Outperformance von Aktien gegenüber Anleihen. Dabei stellte er fest, dass lediglich 31 Prozent und damit etwas mehr als 8.000 der insgesamt 26.000 Unternehmen an der New York Stock Exchange und der Nasdaq den Markt schlagen konnten, bis die Analyse beendet war oder die Firmen durch Fusionen in anderen aufgingen.

110 Prozent
"Die besten zehn Prozent, also 2.600 Firmen, haben über eine Haltedauer von 25 Jahren Werte in Höhe von 52 Billionen US-Dollar geschaffen. Das sind 110 Prozent des Wertes der gesamten US-Börse", sagte Rathausky. Das beste Prozent der Unternehmen sei zuständig für 74 Prozent der Wertschaffung, wobei sich die Haltedauer im Median auf 47 Jahre erhöhe. "Wieder zeigt sich, dass es sich lohnt, die besten Unternehmen zu selektieren und diese nicht zu verkaufen", erklärte er. 

Dazu gehöre aber auch, zu schlechten Investments Nein zu sagen. "Gehen wir einmal von rund 8.000 börsennotierten Unternehmen in den USA und Europa aus und nehmen an, dass 2.000 davon gute Investments wären, 6.000 schlechte", so Rathausky. Nun wäre ein Investor in 80 Prozent der Fälle in der Lage, ein schlechtes Investment zu erkennen und nicht zu investieren. Umgekehrt wäre er ebenfalls in 80 Prozent der Fälle in der Lage, ein gutes Investment zu identifizieren und dieses zu nutzen. "Dann läge die Wahrscheinlichkeit, dass er ein gutes Investment tätigt, bei gerade einmal 57 Prozent", rechnete Rathausky vor.

Entscheidende Zusammenhänge
"Würde der Investor aber von vornherein 90 Prozent der schlechten Unternehmen außen vor lassen und weiterhin zu 80 Prozent eine gute Firma erkennen, dann läge seine Trefferquote bei 73 Prozent", sagte Rathausky. Das zeige wieder, wie wichtig es für Portfoliomanager ist, sich selektiv mit einigen wenigen Ideen genau zu beschäftigen statt mit einer Vielzahl. "Wir wissen um diese Zusammenhänge", erklärte Rathausky. "Sie entscheiden letztendlich über den langfristigen Erfolg unserer Fonds und nicht die kurzfristige Zinsentwicklung." (am)