Bei einer turnusmäßigen Bewertung haben Gutachter im vergangenen November das Immobilienportfolio des offenen Immobilienfonds Leading Cities Invest (LCI) von Kanam Grund um rund elf Prozent abgewertet. Ein Paukenschlag. "Autsch!“, titelte entsprechend der Fondsanalyst Björn Drescher in seinem Newsletter und stellte KVG-Geschäftsführer Heiko Hartwig in einem kurzfristig einberufenen Webinar zur Rede.

Stillstand am Transaktionsmarkt lässt Verkehrswerte sinken
Hartwig gab anerkennenswert bereitwillig Auskunft und erläuterte die Hintergründe. Ursächlich für den Bewertungsabschlag sei vor allem der zum Erliegen gekommene Immobilien-Transaktionsmarkt. Es findet nur noch wenig Handel statt, weil die Preisvorstellungen von Käufer und Verkäufer zu weit auseinanderklaffen. Um dennoch zu einem Verkehrswert zu gelangen, müssen Gutachter Deals simulieren, die nur dann als belastbar gelten können, wenn die – derzeit erheblich niedrigeren –Preisvorstellungen eines Käufers zugrunde gelegt werden.

Hartwig bemühte sich allerdings auch um eine Relativierung des Vorfalls: "Grundsätzlich gelten Bewertungsergebnisse so lange als nicht realisiert, solange keine Immobilienverkäufe stattfinden. Das bedeutet, dass aktuelle Abwertungen mit möglichen künftigen Aufwertungen auch wieder ausgeglichen werden können." Hartwig betont außerdem, dass sich durch Änderung in der Bewertung der Immobilien für die Ausschüttungen des Fonds eigentlich nichts ändere, denn die Immobilien blieben an dieselben Mieter vermietet und an deren Bonität habe sich durch die Neubewertung der Immobilien nichts geändert.

Bewertungen bleiben virtuell, entscheidend ist der Anteileumlauf
Weil Portfoliobewertungen aus den geschilderten Gründen einigermaßen virtuell bleiben, kann sich der Nettoinventarwert offener Immobilienfonds nach oben oder unten bewegen, ohne dass das unmittelbare Auswirkungen hätte. Tagesaktuell reagieren können Anleger offener Immobilienfonds ohnehin nicht, wenn sie nicht an der Börse verkaufen, wo jedoch immer eine Liquiditätsprämie eingepreist ist.

Anders verhält es sich mit der Entwicklung der Anzahl umlaufender Anteilsscheine. Sie lässt erkennen, ob die Kauf- oder die Rückgabewünsche von Anteilen an einem offenen Immobilienfonds überwiegen. Im Gegensatz zu Schwankungen beim Fondsvermögen, die auch an den turnusmäßigen Bewertungen liegen können, sind Veränderungen im Anteileumlauf ein klares Indiz für Wachstum oder Schrumpfung eines Fonds.

Catella hat Rücknahmeabschlag aktiviert
Insofern haben die rund vier Prozent Verringerung umlaufender Anteile, die der offene Immobilienfonds Catella Max in den ersten acht Monaten dieses Jahres zu verdauen hatte, mehr Potenzial, Fondsrealitäten darzustellen als die elf Prozent Wertkorrektur beim LCI. Das Management des Catella Max hat im Juli reagiert und die Erhebung eines Rücknahmeabschlags aktiviert: Anleger, die danach ihre Anteile am Fonds kündigen, bekommen fünf Prozent ihres Auszahlungsbetrags abgezogen.

Eine flächendeckende Einführung von Rücknahmeabschlägen droht der Branche aller Voraussicht nach nicht. Im Unterschied zu allen anderen offenen Immobilien-Publikumsfonds, die derzeit am Markt angeboten werden, hatte der Catella Max bereits in seinen "Besonderen Anlagebedingungen" einen fünfprozentigen Rücknahmeabschlag vorgesehen, der jetzt lediglich aktiviert werden musste. Die nachträgliche Einführung eines Rücknahmeabschlags, ohne den Anlegern ein Sonderkündigungsrecht zu gewähren, ist nicht möglich.

Fondsmanager haben einige Steuerungsmöglichkeiten
Um genügend Liquidität zu haben, Auszahlungsaufträge von Anlegern bedienen zu können, haben Fondsmanager andere Möglichkeiten: Sie können geplante Ankäufe verschieben oder Verhandlungen dazu in die Länge ziehen, sie können die Beleihungsquote ihrer Bestandsimmobilien auf bis zu 30 Prozent erhöhen, sie können mit mehr Transparenz das Vertrauen ihrer Vertriebspartner und Anlegerkunden stärken, oder – das sollte jedoch nicht das erste Mittel der Wahl sein – sie verkaufen Immobilien. Die im KAGB 2013 eingeführte Kündigungsfrist von einem Jahr gibt ihnen einen vernünftigen zeitlichen Spielraum dafür. (tw)


Wie es um die Entwicklung der Anteileumläufe offener Immobilienfonds bestellt ist und welcher Instrumente sich Fondsmanager bedienen, um Mittelabflüsse einzudämmen, lesen Sie in der aktuellen Ausgabe von FONDS professionell ab Seite 222, angemeldete Nutzer auch hier im E-Magazin.