Die Zuflüsse in passive Anlageinstrumente wie börsengehandelte Indexfonds (ETFs) steigen seit Jahren. Hauptmotiv sind geringere Gebühren als bei aktiv gemanagten Portfolios, wodurch die aktuell niedrigen Kapitalmarktrenditen zumindest teilweise wettgemacht werden. Andreas Utermann, Vorstandschef und Chefanlagestratege von Allianz Global Investors (AGI), ist aber der Meinung, dass gerade im Moment aktives Management großen Zuspruch von Investoren erfahren sollte, wie er in einem Interview mit dem Magazin "Capital" ausführt. Zudem erklärt er dort, warum er den "Active Share" als Kennziffer für aktives Management für wertvoll hält, "Smart Beta" hingegen für Augenwischerei.

Im Gespräch geht Untermann auf die Probleme der Fondsgesellschaften ein, in einem von billigem Notenbank geprägten Marktumfeld überhaupt vorzeigbare Renditen für ihre Kunden zu erzielen. So erwartet er derzeit null Prozent Erträge bei Anleihen und real vier Prozent bei Aktien. Die Flucht in kostengünstige ETFs ist für ihn vor allem bei Anleihen deshalb keine Alternative. Mit börsengehandelten ETFs auf Staatsanleihen erziele man schließlich ebenfalls nur eine Rendite von null Prozent. "Die Chancen für aktives Management, Mehrwert zu liefern, waren nie besser als jetzt", sagt er im "Capital"-Interview.

Utermann verweist als Beispiel auf die vergangenen zwei Jahre, während derer die Aktienmärkte sehr volatil waren, ohne sich wirklich bewegt zu haben. Hier hätte, so muss man ihn verstehen, eine aktive Strategie sicher Mehrwert abgeliefert. "Ich gebe zu: Aktives Management muss künftig anders aussehen. Es reicht nicht mehr, hier mal eine Aktie gegenüber dem Index über-, da mal unterzugewichten", führt er aus. Stattdessen müsse sich die Branche wieder auf das gesamte Spektrum des Portfoliomanagements konzentrieren. Dazu zählt er das Vereinnahmen von Liquiditätsprämien oder den gezielten Kauf von vielversprechenden Titeln außerhalb des Vergleichsindex.

Alter Wein in neuem Schlauch
Ein Problem dabei sei aber immer, wie man den Erfolg eines aktiven Portfolios misst – abgesehen von der Rendite. Andere Kennziffern wie den "Active Share" oder den "Tracking Error" hält er zwar für wichtig, sie seien aber keinswegs der Weisheit letzter Schluss: "Das Problem ist: Es gibt eine Tendenz zu vereinfachen. Auf eine Kennziffer kommt eine These", so Utermann. Damit sei der Sache aber nicht gedient. "Die Welt da draußen ist nicht einfach. Nicht in der Politik, und nicht an den Finanzmärkten."

Ein Begriff dagegen bringt Utermann fast in Rage: Smart Beta, der für ihn Augenwischerei ist: "An diesem Namen stimmt nichts. Die Produkte sind garantiert nicht smart – in dem Sinne, dass es derartige Strategien schon vor 20 Jahren gab. Damals hießen sie nur 'quantitative Strategien'. Sie sind aber auch nicht 'beta', bilden also eine Marktperformance ab, sondern wenden ganz neue Regeln an, um aktiv Anlageentscheidungen zu treffen". (jb)