Die Verträge der Euro-Teilnehmerländer verhindern zwar eine fiskalisch induzierte Geldpolitik – aber das sogenannte Helikoptergeld als weitere Stufe der Geldpolitik kann nicht ausgeschlossen werden. Zu diesem Schluss kommt Hans-Jörg Naumer, Global Head of Capital Markets & Thematic Research bei Allianz Global Investors (AGI). Das "Helikoptergeld"-Konzept sei eine ernstzunehmende Handlungsoption der Europäischen Zentralbank (EZB). Sie könnte künftig frisch gedrucktes Geld direkt und ohne Gegenleistung an die Bürger verteilen. 

Die Zentralbanken weltweit fahren derzeit weiterhin eine expansive Geldpolitik, zuletzt hatte auch die Bank of Japan einen negativen Einlagesatz eingeführt. "Die finanzielle Repression hat damit eine neue Stufe erreicht", sagt Naumer. Anleiheinvestoren hälfen jetzt dabei, die Staatsschulden abzutragen.

Was bilanztechnisch machbar und theoretisch denkbar ist, ist aber noch lange nicht rechtlich zulässig – zumindest dort, wo internationale Verträge gelten. "Im Fall des Euroraums müssten völkerrechtlich bindende Verträge angepasst werden", sagt Naumer. So sei etwa die "monetäre Staatsfinanzierung durch die EZB und nationale Zentralbanken" verboten. Für eine Vertragsänderung wäre die Zustimmung aller Länder notwendig. Anders sieht es in den USA und in Japan aus, dort liegt die Oberhand für die Geldpolitik letztlich in Händen nur einer Regierung. 

Ein neues Risikoszenario
Sollte die EZB tatsächlich das Helikoptergeld einführen, liegt die Bedeutung dieses Risikoszenarios laut Naumer auf der Hand: "Die Geldpolitik wird der Fiskalpolitik untergeordnet und verliert de facto ihre Unabhängigkeit." Es käme zur fiskalischen Dominanz. "Damit einhergehend wäre ein Vertrauensverlust in die Geldpolitik und damit letztlich in die Geldwertstabilität zu erwarten", sagt Naumer. (fp)