Die Aktienmärkte tendierten im Juni trotz neuer Ölpreisrekorde freundlich. In den USA belastete die fortgesetzte Straffung der Geldpolitik zusätzlich, während Europa durch Zinssenkungsfantasie gestützt wurde. Sektoral gaben Ölwerte den Ton an. Pharmatitel gerieten am stärksten unter Druck. Der positive Start in den Juli wurde durch die Terroranschläge in London jäh unterbrochen. Die SEB Invest geht im aktuellen SEB Invest MarketView - Aktien - für Juli 2005 von begrenzten Auswirkungen aus. Ölpreis, Bundestagswahl und die Berichterstattung der Unternehmen beherrschen die Szene im Juli.

Aktienmärkte durch Ölpreis wenig beeinträchtigt
Die internationalen Aktienmärkte tendierten im Juni insgesamt recht freundlich - überraschend angesichts neuer historischer Rekordnotierungen von Rohöl, das gegen Ende des Monats zeitweilig über 60 US-Dollar kletterte. Die Konjunktur und die Geldpolitik bildeten jedoch in vielen Regionen und Ländern ein positives Gegengewicht zu diesem Belastungsfaktor.
Dies traf laut SEB Invest allerdings nicht auf den US-Aktienmarkt zu. Denn trotz eines ansprechenden Starts in den Monat tendierte der oft als Weltleitbörse titulierte Markt im Juni entgegen der allgemeinen Tendenz per saldo seitwärts. Ausschlaggebend hierfür waren neben dem hohen Ölpreis insbesondere die optimistische Einschätzung der US-Konjunktur durch die FED und der Hinweis auf weitere "gemäßigte" Zinserhöhungen durch deren Chef Alan Greenspan. Ende des Monats wurden dann auch erwartungsgemäß die Leitzinsen von 3,0 auf 3 ¼ Prozent erhöht. Zeitweilig belasteten auch einige Gewinnwarnungen (u.a. Ford, FedEx) den Markt. Ausländische Anleger konnten sich daher lediglich an Währungsgewinnen aufgrund des anhaltend festen US-Dollars freuen, die allerdings nicht ausreichten, den US-Aktienmarkt im internationalen Vergleich auf einen der vorderen Plätze zu bringen.

Zinsfantasie beflügelt auch die Aktienmärkte
In regionaler Betrachtung zeigten die Aktienmärkte in Osteuropa, Skandinavien, der EWU und im asiatisch pazifischen Raum die beste Wertentwicklung. In Europa kompensierte größtenteils die Zinssenkungsfantasie den negativen Einfluss des hohen Ölpreises und der schwachen Konjunktur. So wurden in einigen osteuropäischen Ländern sowie in Schweden die Leitzinsen tatsächlich gesenkt. Letzteres schürte auch die Hoffnungen auf einen gleichartigen Schritt der europäischen Zentralbank EZB. Insbesondere wurde darauf verwiesen, dass die Hüter des Euro die Zinsen in der Vergangenheit jedes Mal dann gesenkt haben, wenn der Einkaufsmanagerindex unter der Marke von 50 lag, wie das auch gegenwärtig der Fall ist. EZB-Vertreter betonten jedoch mehrfach, dass die Leitzinsen derzeit "angemessen" seien, ein Hinweis darauf, dass keine Zinsänderung in nächster Zeit beabsichtigt wird. Unter Berücksichtigung der Währungsverschiebungen blieben die Börsen in Osteuropa am attraktivsten. Die Aufwertung einiger lateinamerikanischer Währungen lies diese auch recht freundlichen Aktienmärkte in der Performancerangliste nach vorne rücken. Aber auch in dieser Betrachtung schlugen sich die Aktienmärkte in Europa wacker.

Der Ölsektor gab den Ton an
Neue Rekordnotierungen von Rohöl verhalfen dem Ölsektor zu einem fast zehnprozentigen Wertzuwachs. Dabei gewannen vor allem die Titel, die eine große Abhängigkeit zur Ölförderung haben. Im vorderen Performancebereich lag auch der Sektor Versorger. Die Platzierung eines Anteils von Gaz de France durch den französischen Staat wurde 30-fach überzeichnet. Aktien der Bereiche Nahrungsmittel & Getränke, Grundstoffe und Pharma waren im Juni die schlechtesten Performer. Der Nahrungsmittelbereich wurde vor allem durch schwache Umsätze von Carrefour in Europa belastet. Titel aus dem Sektor Grundstoffe kamen unter Druck, nachdem Stahlunternehmen aufgrund hoher Lagerbestände ihre weltweite Produktion kürzen mussten. Pharmatitel zeigten eine unterschiedliche Entwicklung. Während Stada-Aktien nach diversen Übernahmespekulationen bis zu 20 Prozent stiegen, sanken andere Werte wie Celtia und auch Elan im zweistelligen Prozentbereich. Zusätzlich belastete Sanofi-Aventis, eines der Schwergewichte des Pharma Sektors, nachdem das Unternehmen die Patentrechte für das Medikament Lovenox verlor.

Erneute Terroranschläge im Blickpunkt
Einige Indizes konnten sich aus der Ende Juni vorherrschenden Seitwärtsbewegung nach oben befreien und erreichten neue Jahreshochs. Diese Aufwärtsbewegung wurde durch die Terroranschläge von London jedoch jäh unterbrochen. Die Erholungstendenzen noch unmittelbar nach den Ereignissen legen jedoch den Schluss nahe, dass die Märkte davon ausgehen, dass die Auswirkungen auf Wirtschaft und Finanzmärkte - vom direkten Einfluss auf die Konjunktur Großbritanniens abgesehen - begrenzt bleiben. Der Ölpreis bleibt in den nächsten Wochen im Bann der "Hurrican-Saison". Neue Höchststände sind nicht auszuschließen. Der Öl- und Gas Sektor könnte auf dem jetzigen Niveau Investoren jedoch zu Gewinnmitnahmen verleiten. Fallende Notierungen sollten jedoch den Automobilsektor und die Industriewerte unterstützen. Im Juli werden außerdem die Berichtssaison in den USA und Deutschland im Fokus stehen. Die SEB Invest erwartet, dass die Konsens-Prognosen in einigen Fällen enttäuscht werden, und gehen davon aus, dass die Märkte in einer Seitwärtsbewegung verharren werden. In Deutschland rückt die Bundestagswahl immer mehr in den Fokus. Wir gehen davon aus, dass die Wahl im September stattfindet, obwohl noch einige juristische Hürden zu überwinden sind. Aktuelle Umfragen sehen einen konservativ-liberalen Wahlsieg. Dies bewerten wir prinzipiell positiv für die Aktienmärkte.

Auch Vorschläge wie eine Erhöhung der Mehrwertsteuer sind nicht generell negativ zu beurteilen. In der Vergangenheit hat dies stets zu Vorzieh-Effekten geführt und die negativen "Zweitrunden-Effekte" hielten sich in Grenzen. Zwar dürfte vorerst eine terrorbedingte Nervosität an den Märkten vorherrschen, vor dem Hintergrund günstiger Unternehmensbewertungen bekräftigt SEB Invest jedoch ihr Kursziel für den DAX per Jahresende von 4.900 Indexpunkten.