In einem gewagten Schritt, der darauf abzielt, das Vertrauen in die beiden größten Hypothekenfinanzierer der Nation wieder wiederherzustellen, hat das US-Finanzministerium den Kongress gebeten, Rechtsvorschriften zuzustimmen, welche den Spielraum der Regierung erweitern, Freddie Mac und Fannie Mae, finanzielle Unterstützung zu gewähren. Ferner hat die Notenbank Federal Reserve für die beiden Hypothekenriesen vorübergehend ihr "Rabatt Anleihe-Fenster" geöffnet und ihnen so umgehend Zugang zu einer Notfall Kreditlinie gewährt, während der Kongress über das vom Finanzministerium vorgeschlagene Hilfspaket nachdenkt.

Im Zuge der gefallenen US-Hauspreise und gestiegenen Hypotheken sind Freddie Mac und Fannie Mae - bei denen es sich um staatlich geförderte Unternehmen, so genannte GSEs handelt - in letzter Zeit unter erhöhten Druck geraten, nachdem Investoren im Hinblick auf die Bonität der beiden Unternehmens-Portfolios, die zusammen für circa fünf Billionen US-Dollar, oder fast die Hälfte aller ausstehenden Hypothekenkredite im Land aufkommen, zunehmend besorgt sind.

Rückenwind für das Vertrauen

Laut Meinung der Kapitalmarktexperten von Morgan Stanley sind die Aktionen der US-Notenbank und des Finanzministeriums als positive Schritte zur Wiederherstellung des Anlegervertrauens in die GSEs zu werten, vor allem in Hinblick auf Bedenken darüber, ob diese Institutionen genügend Kapital hätten, um das Tagesgeschäft zu stemmen.

Zum einen könnte der Zugang zum Discount Fenster der Fed diese Institutionen mit sofortigem Zugriff auf eine Not-Kreditlinie verschaffen und so kurzfristige Markt-Bedenken hinsichtlich ihres Zugang zu Liquidität zerstreuen. Zum anderen wird der von der Regierung vorgeschlagene Plan - der als Teil der Housing Bill integriert wird und über den voraussichtlich in dieser Woche abgestimmt wird - werden - sofern genehmigt - die Regierung dazu befähigen a) die Kreditlinie für Freddie Mac und Fanny Mae von aktuell 2 Milliarden Dollar - ein Betrag der vom Kongress vor fast vier Jahrzehnte festgesetzt wurde - auf bis zu 300 Milliarden Dollar zu erhöhen und b) ihr die Befugnis geben, gemäß des Treasury-Plans Aktieninvestments in die beiden Institute zu tätigen und so deren Kapitaldecke zu stärken.

"Wir glauben, dass die unmittelbaren Auswirkungen dieser Maßnahmen im Wesentlichen zweierlei sind", so das Fazit von Richard Berner, leitender US-Ökonom bei Morgan Stanley Research und sein Kollege David Greenlaw, Senior Economist bei Morgan Stanley Research. "Sie betonen einmal den Willen seitens der Regierung, die Senior-Debt-Solvenz und die langfristige finanziellen Gesundheit von Freddie Mac und Fannie Mae zu erhalte und sie eröffnen der Regierung andererseits die Option, die beiden Institute zu verstaatlichen." Im Hinblick auf diese Szenario gelte es, die möglichen Auswirkungen dieser Maßnahmen auf die Aktien-und Fixed-Income-Märkte zu analysieren - sowohl im Allgemeinen als auch für GSE-Investoren im speziellen - sowie auch die makroökonomischen Auswirkungen für die US-Wirtschaft im Allgemeinen.

Makroökonomische Auswirkungen

Potenzielle Risikofaktoren

Trotz des Rettungs-Pakets sind Berner und Greenlaw der Meinung, dass die derzeitige finanziellen Leiden, mit denen sich Freddie Mac und Fannie Mae zu kämpfen haben, dennoch eine dämpfende Wirkung auf die wirtschaftliche Aktivität haben könnten. "Anhaltende Verluste im Hypotheken und die Unsicherheit über die Fähigkeit der GSEs den Hypothekenmärkten Unterstützung zu bieten, könnte einen weiteren Einschnitt, respektive Verschärfung bei Finanzkonditionen bedeuten", meinen Berner und Greenlaw. Ihnen zufolge würden diese Entwicklungen zusammen mit anderen laufenden wirtschaftlichen "Gegenwinden" wie abflauendes, globales Wachstum und hohe Energiepreise die Abwärtsrisiken für die wirtschaftliche Aktivität der USA erhöhen.

Diese Erwartung, gepaart mit anhaltenden Inflationssorgen, wird die Fed absehbar dazu bewegen, die Geldpolitik für die absehbare Zukunft unverändert zu lassen. Das Ziel der Fed im Hinblick auf die Federal Funds Rate beträgt derzeit zwei Prozent. Die Zentralbank hat die Sätze seit dem 30. April 2008 stetig beibehalten. Das nächste Treffen des Offenmarktausschuss der Regierung (Federal Open Market Committee - FOMC) ist für den 5. August anberaumt.

Keine Gefahr für Länderrating

Beide Kapitalmarktexperten gehen zudem nicht davon aus, dass die USA ihr AAA-Länderrating verliert, wie von einigen Marktteilnehmern befürchtet, selbst wenn das Worts-Case-Szanario eintreffen würde und die Regierung für die GSEs und denen von ihnen garantierten Hypotheken in die Bresche springen und die Hypothekenschulden übernehmen müsste. Denn selbst dann würde das Verhältnis US-Schulden zu BIP Ratio von derzeit 37 Prozent "nur" auf 67 Prozent steigen - und läge damit noch immer deutlich unter dem, von Japan im Jahre 2001. Dieses bezifferte sich damals auf 134 Prozent und führte dazu, dass die Ratingagenturen Japans Schuldnerbonität herunterstuften.

Zusage ist unterm Strich positiv...

Der Entschluss der US-Regierung Fannie Mae und Freddie Mac mit Zusagen zu stützen und sich hinter sie zu stellen, ist Berner und Greenlaw zufolge positiv zu sehen. Es sei ein pragmatischer Ansatz, um das Vertrauen in die beiden Hypothekenfinanzierer wieder zu stärken, und damit auch das Vertrauen in GSEs im Allgemeinen. Zumal eine Parallele zu der gefallenen Traditionsbank Bear Stearns ihnen zufolge hinkt. Zwar fand in der letzten Woche ein Ausverkauf der Papiere beider Häuser statt, auf der anderen Seite habe aber interessanterweise ihre Credit-Spread-Performance angezogen, was vermuten lasse, dass die Anleger von keinem der beiden Häuser erwarten, dass sie ihre vorrangigen Schulden nicht mehr bedienen können.

...und Zugang zu Liquidität gegeben

Ein weiterer Positiv-Indikator sei zudem, dass beide Institute nach wie vor einen geregelten Zugang zu Geldmärkten und Liquidität hätten. Allerdings müssten Investoren O'Brien zufolge nach wie vor ein potenzielles Verlustrisiko einkalkulieren, denn im Hinblick auf die nachrangigen Schuldverschreibungen der beiden Institutionen sei das Ausmaß der staatlichen Unterstützung weniger klar. Zudem bestünde noch ein politisches Restrisiko, da der Plan de facto noch nicht vom Kongress abgesegnet und von Präsident Bush unterschreiben wurde und damit in trockenen Tüchern ist und auch in wirtschaftlicher Hinsicht bestehe weiter Unsicherheit und potenzielle Risikofaktoren, zumal das tatsächliche Ausmaß der Finanzkrise noch nicht bekannt ist.

Investoren scheinen mit der Markteinschätzung der Morgan Stanley Experten auf jeden fall d"accord zu gehen: Im Zuge der de facto unausgesprochenen staatlichen Garantie, ist das Vertrauen der Investoren offenbar wieder gestiegen, was sich darin zeigt, dass die Anleihen von Fannie und Freddie wieder nachgefragt werden. (ir)

Den ausführlichen Marktkommentar finden interessierte Leser als PDF-Datei (in englischer Sprache) im Anschluss an diese Mitteilung.