Nachhaltige Investments sind in Mode. Auch bei Rohstoff-Anlegen spielen ökologische und soziale Faktoren (ESG) eine immer größere Rolle. Doch manche Angebote halten nicht, was sie versprechen, meint Nitesh Shah, Leiter Rohstoff- und Makro-Research Europa beim Fondsanbieter Wisdom Tree. "Bei Rohstoffen wie Gold ist oft unklar, was ESG-Faktoren wirklich bedeuten, da das Konzept der Gewinnung, Raffinierung und schließlich Lagerung des Rohstoffs schwerwiegende Auswirkungen auf die Umwelt und die lokalen Gemeinden haben kann", sagt Shah.

Eine Verbesserung der Umweltstandards könne auf Kosten der Sozialstandards gehen – und umgekehrt. Jeder Anleger und Verbraucher habe wahrscheinlich eine etwas andere Vorstellung von ESG. "Einige Marktteilnehmer preisen recyceltes Gold als den heiligen Gral des ESG-freundlichen Goldes an", fährt Shah fort. "In der Tat ist Gold unbegrenzt wiederverwertbar, und da das meiste Gold oberirdisch leicht mobilisiert werden kann, hat es die höchsten Recyclingraten aller Metalle."

Zu teuer für den Müll
So seien lediglich zwei Prozent des gesamten geförderten Goldes unauffindbar, da es entweder deponiert wurde oder verschollen ist, berichtet der Analyst. Zudem würden praktisch sämtliche Abfälle des Edelmetalls bereits wiederverwertet. Der Anteil des Ausschusses wurde bereits auf ein Minimum reduziert. "Gold ist einfach zu teuer, um weggeworfen zu werden, was zu hohen Recyclingraten führt", erläutert Shah. Es sei nahezu unmöglich, die Wiederverwendungsquote noch weiter zu steigern.

Aus Nachhaltigkeitssicht sieht Shah demzufolge keinen Gewinn darin, ausschließlich wiedergewonnenes Gold zu kaufen. "Die Wahl einer reinen Recycling-Strategie zur Verbesserung der ESG-Eigenschaften eines Goldbarrens hat wahrscheinlich keinerlei Auswirkungen auf den Markt und die Umwelt", meint der Wisdom-Tree-Mann. "Sie dient allenfalls als billige Augenwischerei für diejenigen, die ein Kästchen ankreuzen wollen." Und aus Recycling allein lasse sich die Nachfrage nach Gold nicht stillen.

Probleme an der Quelle bekämpfen
"Ohne den Druck von Verbrauchern und Anlegern und eine angemessene Aufsicht über die Bergbau- und Raffinerieunternehmen wird sich das neu produzierte Gold in Bezug auf die ESG-Kriterien wahrscheinlich nicht verbessern", führt Shah aus. "Wir glauben, dass die einzige Möglichkeit zur Verbesserung der Umwelt- und Ethikstandards in der Goldwertschöpfungskette darin besteht, die Probleme an der Quelle zu bekämpfen."

Daher sollte sichergestellt werden, dass jedes neue Gold, das in das System gelangt, die höchstmöglichen ESG-Standards erfüllt und dass alle verbleibenden negativen Auswirkungen ausgeglichen werden, fordert der Analyst. Durch Anreize für die Produktionskette, die negativen Auswirkungen zu minimieren und auszugleichen und die Treibhausgasbilanz zu optimieren, können die Anleger einen tatsächlichen Einfluss auf das im Umlauf befindliche Gold haben. (ert)