Die Volatilität ist zurück, wie die vergangenen Wochen zeigten. Dafür sieht Karin Kunrath, Anlagechefin von Raiffeisen Capital Management in Wien, neben der phasenweise überhitzten Marktkonstellation weitere Gründe: etwa Anzeichen für eine länger restriktive US-Geldpolitik, Zurückhaltung vor der Berichtssaison und die geopolitische Eskalation in Nahost. Das habe zu Beginn des zweiten Quartals für einen sprunghaften Anstieg der Volatilität gesorgt.

Gute Firmenzahlen vorweggenommen  
Die zähe Inflationsentwicklung infolge der ungebrochenen Wirtschaftsdynamik in den USA sorge auf der Makroebene dafür, dass immer weniger und spätere Zinssenkungen seitens der Fed zu erwarten seien. Und auf Firmenebene sieht Kunrath die für 2024 erwartete Gewinnwachstumsdynamik am Aktienmarkt zu einem Gutteil insbesondere im Kursverlauf der großen Technologiewerte bereits vorweggenommen. Die Latte für positive Überraschungen sei entsprechend höher. Dazu könne die Eskalation im Nahostkonflikt im Fall eines temporären Ölschocks die Rahmenbedingungen für die Weltwirtschaft schlagartig eintrüben.

Allerdings: Eine "Flucht in die sicheren Häfen" der Staatsanleihen höchster Qualität aus Angst vor einem abrupten Wirtschaftseinbruch – etwa infolge eines krisenbedingt explodierenden Ölpreises – habe bislang nicht stattgefunden. Und so ist Kunrath grundsätzlich zuversichtlich: "Unsere Kriterien zur Marktbeurteilung geben weiterhin ein solides Gesamtbild ab." Die Gefahr von erhöhter Marktvolatilität bleibe jedoch insbesondere durch die Risikofaktoren aus der Geld- und Geopolitik erhalten.

Gegen den Trend
Optimistisch ist die Investmentchefin unter anderem für China-Aktien. Diese konnten entgegen dem globalen Trend zuletzt starke Zuwächse erzielen. Kunrath erwartet hier eine weiter positive Entwicklung, wenngleich zwischenzeitlich immer wieder mit deutlichen Rücksetzern zu rechnen sei. Bei Anleihen hält sie Schwellenländer-Bonds für attraktiv bewertet: "Wir sehen eine relative Attraktivität wie auch eine positive und sich bestätigende konjunkturelle Dynamik in diesen Regionen." (jh)