Mit Blick auf die vergangenen Wochen könnte man sich leicht von der Performance des deutschen Leitindex beeindrucken lassen. Der Dax hat andere wichtige Börsenindizes teilweise weit hinter sich gelassen. Doch Vorsicht: "Die Zukunft findet vor allen Dingen außerhalb Deutschlands statt", sagt Helge Müller, Leiter des Investment-Bereichs beim Finanzplaner Genève Invest. Er warnt davor, wegen der guten Kurzfrist-Entwicklung des Dax nun stark auf deutsche Aktien zu setzen.

Zu den Treibern der jüngsten Rally gehörten nach Beobachtung des Finanzprofis vor allem Unternehmen, die in den vergangenen Jahren alles andere als gut abgeschnitten hatten – etwa die Deutsche Bank, Automobilkonzerne wie Continental und Daimler, Chemieunternehmen wie Covestro und BASF sowie die Lufthansa und der Triebwerkehersteller MTU. "Dies ist insofern erstaunlich, als dass man nicht annehmen sollte, dass diese Unternehmen unbeschadet durch die Krise kommen, sondern im Gegenteil besonders stark getroffen wurden", sagt Müller. "Die Rally ist demnach in erster Linie ein Aufbäumen der großen Verlierer der letzten Jahre." Auf lange Sicht dürften die genannten Unternehmen Probleme haben, ihre Gewinnmargen zu verteidigen, schätzt der Experte.

Ungewisse Zukunft
Die jüngste Dax-Rally zeigt vor allem, dass Anleger die großzügigen Corona-Hilfen des deutschen Staates zu würdigen wissen, sagt Müller. "Sie sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Aussage über die Zukunftsfähigkeit der deutschen Industrie noch aussteht", warnt er. "Mit einem Blick auf die Performance der deutschen Industrie-Titel im Vergleich zu führenden amerikanischen Tech-Werten fällt auf, dass inzwischen Apple, Microsoft und Amazon die addierte Marktkapitalisierung aller 30 Dax-Werte deutlich übersteigt." Dividenden eingerechnet haben Anleger zudem in den vergangenen Jahren mit Dax-Werten kein Geld verdient, sondern im Durchschnitt drei Prozent verloren. (fp)