Nach klassischer Definition stehen Value- und Growth-Aktien für unterschiedliche Anlagestrategien. Value-Investoren suchen unterbewertete Aktien; das Wachstum ist ihnen weniger wichtig. Growth-Investoren konzentrieren sich dagegen auf rasch wachsende Unternehmen; Bewertungen sind für sie zweitrangig. Diese schematische Unterscheidung hält Gané-Marktstratege Marcus Hüttinger in der Praxis nicht für zielführend.

Den Value-Growth-Kreislauf nutzen
Er ist vielmehr überzeugt: Wachstum ist ein unabdingbarer Bestandteil der Value-Gleichung. Grund: Der Wert eines Unternehmens entspricht den abgezinsten Bargeldüberschüssen, die über die Lebenszeit des Unternehmens entnommen werden können. Für Hüttinger stellt daher der freie Cashflow, also der Bargeldüberschuss nach Abzug von Erhaltungsinvestitionen, die wichtigste Kennzahl bei der Unternehmensanalyse dar. Dieser sollte bei attraktiven Aktien ansteigen. Der Gané-Experte sagt: "Steigen die freien Cashflows in den kommenden Jahren kontinuierlich an, verbessert sich die Innenfinanzierungskraft des Unternehmens und es kann in seine weitere Wachstumsstrategie investieren und Kapital über Dividenden und Aktienrückkäufe zurückführen." So werde das Unternehmen für Investoren attraktiver, der Aktienkurs sollte mit dem gewachsenen Unternehmenswert steigen – und der Value-Growth-Kreis schließt sich. 

Big Techs als Beispiel
Als Beispiel führt Hüttinger die Big Techs Alphabet, Apple und Microsoft an. Deren Gewinne steigen seit Jahren rasant. Puristische Value-Investoren müssten definitionsgemäß genau auf diese herausragenden Unternehmen verzichten. "Absurd, wenn man sich die positive Entwicklung ihres Values vergegenwärtigt", urteilt Hüttinger. Andere Branchen wie die Stahlindustrie haben dagegen im Zeitablauf Wert verloren mangels strukturellen Wachstums. Für Hüttinger zeigt das klar: Der Blick auf die Zukunft eines Unternehmens ist auch für langfristige Value-Investoren entscheidend. (jh)