Nach der Nuklearkatastrophe in Fukushima vom März 2011 wurden richtungsweisende politische Entscheidungen getroffen: in Deutschland soll der Atomenergieanteil von 22,5 Prozent in 2010 auf null in 2023 gesenkt werden. Gleichzeitig soll der Ausbau der erneuerbaren Energien deutlich vorangetrieben werden. Das italienische Stimmvolk verwarf in einem Referendum den Wiedereinstieg in die Nuklearenergie. Auch in Belgien und der Schweiz wurde der Atomausstieg aufgegleist. In Japan fanden Großdemonstrationen gegen die Atomenergie statt. Nicht zuletzt setzt China in seinem neuesten Fünfjahresplan verstärkt auf den Ausbau der erneuerbaren Energien. Drei der zehn größten Windparkbetreiber der Welt befinden sich heute bereits in China. Diese jüngste Entwicklung weist nach Meinung der Schweizer Bank Sarasin eindeutig darauf hin, dass eine Energiewende eingeleitet ist.

Gleichzeitig braucht es – in Anbetracht der hohen Rohstoffabhängigkeit sowohl von Europa als auch von China – mehr Effizienz und Innovation, um einer stetig anwachsenden Importrechnung entgegenzuwirken, wie Dr. Matthias Fawer, Autor der Studie, schreibt. Hier seien eindeutig auch die Energieversorgungsunternehmen (EVU) mit neuen Geschäftsideen gefordert, insbesondere im Rahmen von Maßnahmen zur Effizienzsteigerung.

Neue Geschäftsfelder
Die sich anbahnende Energiewende ist mit neuen Herausforderungen für die EVU verknüpft, so Fawer. Gleichzeitig entstünden für die EVU neue, zukunftsfähige Geschäftsmodelle: Investitionen in moderne, umweltfreundliche Stromerzeugungstechnologien stehen im Zentrum. Proaktive EVU sammelten bereits wichtige Erfahrungen mit erneuerbaren Energien. Steigende Investitionen in die Forschung und Entwicklung haben den Wirkungsgrad der verschiedenen Technologien in diesem Bereich enorm verbessert. In Zukunft werde die gesamte Energieverteilung verstärkt im Fokus stehen. Diese müsse neu organisiert und „intelligenter“ gestaltet werden. Das konventionelle Netz brauche neueste Komponenten aus der Kommunikations-, Mess-, Regel- und Automatisierungstechnik. Damit könnten Netzzustände in Echtzeit erfasst und gesteuert werden, so können zum Beispiel gewisse Lastspitzen gekappt werden. In diesem Zusammenhang komme auch der Energiespeicherung eine wichtige Rolle innerhalb des Netzumbaus zu – ohne geeignete Speichermöglichkeiten geht ansonsten der Strom verloren. Die Entwicklung solcher Speichertechnologien auf Netzebene sei folglich ein essentieller Teil des intelligenten Netzes der Zukunft. Allein der Markt für intelligente Netztechnologien soll sich gemäß der Internationalen Energie Agentur IEA bis 2030 nahezu verfünffachen.

Anleger müssen richtige Auswahl treffen
Die Branche der EVU hat im Vergleich zu anderen Industriesektoren zudem große ökologische Risiken. Das Nachhaltigkeitsteam der Bank Sarasin hat insgesamt 183 EVU analysiert. Darunter sind 49 Unternehmen aus Europa, 55 aus den USA, 44 aus Asien und 35 aus anderen Regionen. Insgesamt wurden 63 Unternehmen gemäß dem Sarasin Themenansatz von der Bank als nachhaltig eingestuft. Wichtiges Kriterium für die Beurteilung einzelner Unternehmen ist der Stromerzeugungsmix, das heißt die Anteile der einzelnen Stromerzeugungsarten wie neue erneuerbare Energien (EE), Wasserkraft (Hydro), Nuklear und fossile Energieträger. Beim Unternehmensrating (siehe Bild unten) werden die Umweltkriterien sodann mit 70 Prozent gegenüber den Sozialkriterien übergewichtet. Zu den nachhaltigsten EVU zählen unter anderem China Longyuan Power, EDP Renovaveis, Verbund, Repower, Enel Green Power, EVN, EDP und Calpine.

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Ausschluss der Kernenergie zahlt sich aus
Insgesamt sind 50 EVU aufgrund ihrer Kernenergieanteile von größer als fünf Prozent ausgeschlossen worden. Ein Performancevergleich über die vergangenen fünf Jahre zeigt eine deutliche Überrendite der nachhaltigen EVU von 27 Prozent gegenüber den wegen Kernenergie ausgeschlossenen Titeln. (jb)