Eigentlich müssten die Renditen deutscher Staatsanleihen in der kommenden Zeit deutlich steigen. Grund: die Europäische Zentralbank (EZB). Sie dürfte auf ihrer Sitzung am 8. Juni die verbesserte Wirtschaftslage würdigen und zumindest in ihrer Kommunikation behutsam auf eine etwas strengere Geldpolitik einschwenken, sagen die Experten des Fondsanbieters Bantleon. "Wir sind bislang davon ausgegangen, dass die Aussicht auf eine weniger dovishe EZB ein treibender Faktor für eine größere Bewegung der Bund-Renditen nach oben sein wird", erklärt Bantleon-Chefvolkswirt Harald Preißler.

Dass es doch anders kommen könnte, liegt an den protektionistischen Plänen von US-Präsident Donald Trump. Er könnte etwa, wie angedroht, Schritte gegen deutsche Autobauer unternehmen. Das Strafzoll-Gespenst wird die Märkte jedenfalls noch eine Zeitlang in Atem halten, schätzt Preißler. "Das käme ausgerechnet deutschen Bundesanleihen zugute, just zu dem Zeitpunkt, zu dem ein verschärftes Wording der EZB eigentlich den Weg für einen deutlichen Renditeanstieg freimachen sollte."

Charttechnische Marken im Blick
Technische Voraussetzung für einen Renditeanstieg wäre, dass die Widerstandszone zwischen 0,45 und 0,5 Prozent überwunden wird. Sie wurde seit November viermal angegriffen, aber nicht geknackt. "Auch der jüngste Ausbruch ist infolge der Trump-Unwägbarkeiten gescheitert", sagt Preißler. Die Nachfrage nach Bunds drückte deren Renditen unter 0,35 Prozent. Sollte auch die Marke bei 0,3 Prozent unterschritten werden, wäre der Weg frei für ein Jahrestief bei 0,15 Prozent. (fp)