Die Europäische Zentralbank hat sich eine Inflation nahe der Zwei-Prozent-Marke als Ziel gesetzt. Geschafft hat sie das bisher nicht. Warum also senkt die EZB nicht einfach die Vorgabe? Ganz einfach: Mit einer Senkung in die Nähe des tatsächlichen Werts mache sich die EZB unglaubwürdig, argumentiert Jörn Quitzau, Volkswirt bei Berenberg: "Der erste EZB-Präsident Wim Duisenberg sagte einst, man ändere die Spielregeln nicht in der Mitte des Spieles."

Eine Senkung des Inflationsziels auf beispielsweise 1,5 Prozent käme gegenüber der Öffentlichkeit einem Eingeständnis für die teilweise Wirkungslosigkeit der Geldpolitik gleich. Der Verdacht des Scheiterns käme auf, und die Senkung wirke wie eine willkürliche Zielanpassung, argumentiert der Berenberg-Volkswirt. Das bringt die Geldpolitik der EZB in eine Zwickmühle. Der finnische Notenbank-Präsident Olli Rehn, der ein potentieller Nachfolger für den EZB-Chef Mario Draghi ist, hat eine andere Lösung vorgeschlagen: Das Inflationsziel anheben.

Psychologisch wünschenswerte Effekt
Denn wenn Konsumenten von einer steigenden Teuerungsrate und somit einem Wertverfall des Geldes ausgehen, neigen sie dazu, mehr Geld auszugeben. Sie könnten also große Anschaffungen vorziehen und somit mehr Geld in Umlauf bringen.

Die Anhebung des Inflationsziels würde somit nach Ansicht Rehns zu einer selbsterfüllenden Prophezeiung werden. Der Berenberg-Volkswirt Quitzau geht allerdings nicht davon aus, dass das funktioniert. Er rät der EZB darum, trotz des verfehlten Ziels an den Bemühungen der festzuhalten. (fp)