Die Europäische Union will nachhaltige Investments transparenter machen und setzt dafür auf ein umfangreiches Maßnahmenpaket. "Der EU-Aktionsplan reicht von Standards und grünen Labeln für Finanzprodukte bis zu Anlagevorschriften für Vermögensverwalter", sagt Vermögensverwalter Bert Flossbach. In der Konsequenz müssen Tausende Unternehmen anhand hunderter, oft schwammiger ESG-Kriterien analysiert und klassifiziert werden. "Was bei einem überschaubaren Windrad noch möglich ist, grenzt bei einem global operierenden Konzern an Größenwahn", kritisiert Flossbach.

Selbst ESG-Profis vermögen kaum zu definieren, was man konkret unter nachhaltigem Investieren versteht. "Nicht einmal Mitglieder der sogenannten High-Level Expert Group, die die EU bei der Entwicklung und Umsetzung einer einheitlichen Taxonomie berät, sehen sich im Stande, ihre Nachhaltigkeitsvorstellungen zu konkretisieren", so Flossbach. Sie schieben diese Aufgabe stattdessen den Ratingagenturen zu. Der Vermögensprofi hält das für wenig sinnvoll: "Wohin blindes Vertrauen in Ratings führen kann, hat uns die Finanzkrise gelehrt", sagt er.

ESG-Berichte sind mit Vorsicht zu genießen
Es spricht laut dem Flossbach-von-Storch-Chef nichts dagegen, ESG-Analysen zu lesen. Man sollte sich jedoch nicht pauschal darauf verlassen. Seiner Erfahrung nach können solche Berichte in den seltensten Fällen die Beschaffenheit eine Unternehmens angemessen erfassen. "Wir verwenden sie daher allenfalls als komplementäre Betrachtung, die uns vielleicht auf den ein oder anderen kritischen Punkt aufmerksam machen könnte", erklärt er. (fp)