Mit einer Zinswende nach oben rechnet Bert Flossbach längst nicht mehr. "Die Zinsen werden ewig nahe null bleiben", sagte der Mitgründer des Kölner Vermögensverwalters Flossbach von Storch schon vor Monaten. In seinem aktuellen Kapitalmarkt-Kommentar geht er nun noch einen Schritt weiter: Die jüngsten Signale der Zentralbanken würden darauf hindeuten, dass "wir eher am Anfang als am Ende der Tiefzinspolitik stehen", so der Vermögensverwalter.

Die geldpolitische Kehrtwende der amerikanischen Notenbank Fed ist ein solches Signal. Im Juni machten die obersten Währungshüter in den USA deutlich, dass Anleger sich auf fallende Zinsen einstellen sollten. Eine baldige erste Senkung gilt als so gut wie sicher, weitere dürften folgen. Für den Anlageprofi ist klar: Wenn es schon in den prosperierenden USA nicht gelingt, ein "normales" Zinsniveau zu erklimmen, dann wird das in der fragilen Eurozone erst recht nicht funktionieren.

Dickes Minus für Sparer
Tatsächlich scheint die Europäische Zentralbank (EZB) mit Hochdruck an Möglichkeiten zu arbeiten, wie sie eine noch expansivere Geldpolitik rechtfertigen könnte. So hat sie unlängst ihr Inflationsziel neu interpretiert. Statt eine Teuerungsrate von "unter, aber nahe zwei Prozent" anzustreben, forcieren die Währungshüter nun ein symmetrisches Ziel: Die Teuerungsrate darf in Zukunft auch mal über zwei Prozent liegen, wenn sie davor lange Zeit unter der Zwei-Prozent-Marke gelegen hat.

Für private Sparer, aber auch Pensionskassen oder Lebensversicherungen sind das schlechte Nachrichten. Sie leiden seit Jahren unter der Tiefzinspolitik der Notenbanken. Die fehlende Aussicht auf Besserung hat viele Investoren in den vergangenen Monaten dazu bewogen, selbst auf niedrigstem Renditeniveau weiter Anleihen zu kaufen. Dadurch sind die Renditen weiter gesunken. "Mit Ausnahme von Italien und Griechenland gibt es selbst bei Anleihen mit zehn Jahren Laufzeit keine nennenswert positiven Renditen mehr", sagt Flossbach. Bei Zweijährigen sei ein dickes Minus schon die Regel. (fp)