Im Oktober endet die Amtszeit von EZB-Chef Mario Draghi. Er wird dann – soviel steht jetzt schon fest – als erster europäischer Notenbankchef in die Geschichte eingehen, der im Laufe seiner Amtszeit kein einziges Mal die Zinsen erhöht, sondern sie nur gesenkt hat.

Seinem Nachfolger hinterlässt er damit eine schwere Bürde, sagt Bert Flossbach, Mitgründer des Kölner Vermögensverwalters Flossbach von Storch. Der Grund: Weil das Zinsniveau noch immer auf einem historischen Rekordtief verweilt, ist die Manövriermasse der EZB im Falle eines Konjunkturabschwungs denkbar gering.

Die hochverschuldeten Euro-Länder haben die Zeit, die ihnen die EZB mit ihrer Tiefzinspolitik gewährt hat, ungenutzt verstreichen lassen, kritisiert der Experte. Flossbach zufolge wird sich daran in vielen Ländern auch in Zukunft wenig ändern. Die obersten Währungshüter stürzt das in eine Dilemma: "Die herbeigesehnte Zinswende kommt nicht, weil sie nicht kommen darf; sie bleibt auch nach sechs Jahren Aufschwung eine Fata Morgana", sagt er.

Die Luft wird dünner
Immerhin: Ein wenig Spielraum bleibt den obersten Währungshütern noch, um im Falle einer Krise zu intervenieren. Um die Banken zu stabilisieren, könnte die EZB deren Guthaben beispielsweise durch die Einräumung von Freibeträgen teilweise vom Strafzins befreien.

Sollte sich die Schuldenkrise in der Eurozone verschärfen, könnte die EZB außerdem ihr Anleihekaufprogram wieder aufnehmen, um kriselnde Euroländer zu stützen. "So ließe sich der Flieger noch eine Weile in der Luft halten", sagt Flossbach. Dennoch dürfte die Landung schmerzhaft sein. (fp)