Er hat sich lange gesträubt, doch am Sonntagnachmittag (21.7.) hat US-Präsident Joe Biden angekündigt, dass er nicht für eine zweite Amtszeit kandidieren wird. Offenbar wurde der Druck aus der eigenen Partei zu groß, die fürchtet, mit einem alten Präsidenten nicht nur das Weiße Haus, sondern auch Sitze im Repräsentantenhaus zu verlieren. Nun muss die Demokratische Partei entscheiden, wer gegen Donald Trump antreten wird: Biden selbst spricht sich für US-Vizepräsidentin Kamala Harris aus, die ihre Bereitschaft zur Kandidatur schon selbst verkündete. Sie hat auch viele prominente Unterstützer, allerdings sind andere Parteigrößen der Demokraten laut verschiedenen Medienmeldungen skeptisch. 

Nach Einschätzung der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW) scheint es auf Harris als Präsidentschaftskandidatin der Demokratischen Partei hinauszulaufen. "Sie liegt in den Umfragen im direkten Vergleich mit dem frisch gekürten Kandidaten der Republikaner, Donald Trump, derzeit in etwa genauso weit zurück wie zuletzt Biden", so die LBBW. Die DZ Bank weist in einem ersten Kommentar zu den Ereignissen in Washington aber darauf hin, dass die Nominierung von Harris alles andere als sicher sei.

Börsen auf Richtungssuche
Das Spitzeninstitut des genossenschaftlichen Finanzverbundes in Deutschland kommentiert weiter, dass die Implikationen der neuen Situation im US-Präsidentschaftswahlkampf "für die künftige US-Wirtschaftspolitik oder den in den letzten Wochen so beliebten 'Trump-Trade' offen sind". Diese Unsicherheit dürfte laut DZ Bank nicht nur den heutigen Handelstag bestimmen. Sie schätzt, dass auch die US-BIP-Daten am Donnerstag, die Preisdaten am Freitag oder die Berichtsaison der großen US-Technologiewerte in den Hintergrund treten dürften. Die Raiffeisen Bank International (RBI) aus Wien hält es für möglich, "dass die Börsen sich auch in dieser und in den kommenden Wochen auf Richtungssuche begeben werden".

Thomas Altmann, Leiter Portfoliomanagement bei QC Partners in Frankfurt, weist ebenfalls darauf hin, dass die Börsen in den vergangenen Wochen sogenannte "Trump-Trades" umsetzten, also Anlagen kauften, die von einer Präsidentschaft Trumps profitieren würden, und solche verkauften, die unter Trump leiden würden. "Jetzt wird spannend zu sehen, ob diese Trades aufgrund der neuen Situation zumindest in Teilen rückabgewickelt werden." Sollte Harris offiziell als Präsidentschaftskandidatin der Demokraten nominiert werden, würde sie wohl inhaltlich die Politik von Joe Biden fortführen, so Altmann: "Damit blieben die Wahlprogramme der Kandidatinnen und Kandidaten extrem kontrovers." (jb)