Schock für Bitcoin-Fans: ​Der Kurs der Kunstwährung ist in den letzten Tagen von einem Höchststand von 2.500 Euro im Juni auf aktuell rund 1.800 Euro eingebrochen. Ursache hierfür sind aber nicht, wie bei früheren Crashs, großangelegte Manipulationsversuche oder andere finstere Machenschaften. Hintergrund ist ein tiefsitzender Vertrauensverlust, dessen Ursache wiederum technischer Natur ist. Dabei sollte eigentlich alles besser werden.

Doch der Reihe nach: Mit der weltweit rasant steigenden Popularität der Kryptowährung, insbesondere in Japan und anderen fernstöstlichen Ländern, stößt das Bitcoin-Netzwerk erkennbar an seine Belastbarkeitsgrenze. Der Grund hierfür ist – simpel ausgedrückt – im "Maschinenraum" der digitalen Devise zu finden. Basis der Bitcoin-Technik ist die Blockchain, die alle zu erledigenden Transaktionen in Blöcken festschreibt. Genau da liegt das Problem: Per aktuellem Design kann jeder Bitcoin-Block nur etwa 3.000 Transaktionen verarbeiten – viel zu wenig, um den Ansprüchen der ungeduldigen Nutzer noch gerecht zu werden.

Um dieses Manko zu beheben, debattiert die Bitcoin-Community derzeit, ob die Transaktionen optimiert oder die einzelnen Blöcke der Blockchain per neuer Software vergrößert werden sollen – oder beides. Der grundlegende Richtungsstreit zwischen den fundamentalistischen Entwicklern und den gewinnorientierten Betreibern von Plattformen und Rechenzentren darüber, was Bitcoin dem Wesen nach eigentlich ist – Währung oder Investitionsobjekt – erreicht damit eine neue Dimension. Und die Konsequenzen sind alles andere als trivial.

Rivalisierende Gruppen, unvereinbare Ansätze
Zum 1. August kommt einserseits das Package "BIP 148", mit dem die Transaktionsprotokolle verbessert werden. Dieser Lösungsansatz hat vor allem im sogenannten "Core"-Lager Anhänger, also bei Programmierern und Entwicklern, die es am liebsten sähen, wenn sich Bitcoin-Transaktionen auch jenseits der klassischen Blockchain abwickeln ließen. Das nämlich käme dem von der Core-Gruppe bevorzugten Digitalwährungscharakter ein Stück näher. 

Dagegen hat die zweite einflussreiche Gruppe der Bitcoin-Befürworter massive Einwände: die sogenannten "Miner". Das Mining beschreibt, vereinfacht gesagt, einen Prozess, bei dem durch kombinierte Leistung zusammengeschalteter Großrechner Anwender Bitcoins "schürfen". Als Belohnung für die zur Verfügung gestellte Rechenleistung bekommen die Miner Bitcoins gutgeschrieben. Das globale Mininggeschäft dominiert China: Dort haben Unternehmen riesige Serverfarmen angelegt – und bangen nun um ihre Millioneninvestitionen, falls Bitcoin zunehmend auch abseits der Blockchain gehandelt würden.

Unter ihnen gewinnt deshalb eine zweite Variante an Zuspruch: ein Software-Upgrade namens "Segwit2x", das am 26. Juli eingeführt werden soll und mithilfe dessen nicht nur die Blockgrößen angepasst, sondern auch bestehende Sicherheitslücken beseitigt würden. Segwit2x verspricht also, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen und eines der gravierendsten Bitcoin-Wachstumshemmnisse zu überwinden: die inzwischen drastisch gesunkene Skalierbarkeit der Blockchain. Denn die bisher ein MByte großen Blöcke schränken angesichts der rasant zunehmenden Zahl von Bitcoin-Transaktionen die Zeiten bis zu deren Bestätigung ein, was nicht nur Geschwindigkeitseinbußen, sondern auch eine Erhöhung der Transaktionskosten mit sich bringt. Dabei war doch die blitzschnelle und günstige Abwicklung des Zahlungsverkehrs der Vorteil der Internetwährung schlechthin.

Getrennte Wege?
Die Segwit2x-Option bevorzugen derzeit etwa 88 Prozent der Miner. Es bräuchte allerdings eine Zustimmungsquote von 95 Prozent, um das Upgrade für alle verpflichtend starten zu können. Sollte das im Verlauf der kommenden Tage nicht gelingen, droht der populären Kunstdevise schlimmstenfalls eine Aufspaltung in zwei konkurrierende Versionen – unter Fachleuten als sogenannter "hard fork" bezeichnet. 

Bitcoin-Nutzer sollten auf der Hut  sein, rät die IT-Newsseite golem.de: "Der Blockchain der Kryptowährung stehen grundlegende Änderungen bevor, die zu Inkonsistenzen oder schlimmstenfalls einer Spaltung der virtuellen Währung führen können", heißt es. 

Verunsicherung allenthalben
Andere Beobachter warnen ebenfalls. "Die Debatte rund um die Skalierung der Bitcoin könnte in den kommenden Wochen noch höhere Volatilität für die größte Kryptowährung bedeuten. Durch eine zunehmende Spaltung in der Community erscheint ein so genannter 'hard fork', also eine Art Stocksplit für Kryptowährungen, immer wahrscheinlicher", schreibt zum Beispiel Mati Greenspan, Senior Market Analyst bei der Social-Trading-Plattform eToro, in einer Blitzanalyse. Während die technische Umstellung im Optimalfall die bestehenden Probleme lösen könnte, steigen kurzfristig die Unsicherheiten. 

Im Falle eines "hard fork“ würde jede Person, die Bitcoins hält, die Originalmünze behalten und bekäme gleichzeitig eine neue Coin in gleicher Menge gutgeschrieben. In der Theorie sollte die alte Münze jedoch ihren Wert verlieren und durch die neue ersetzt werden.

Zwar ist eine Optimierung des Netzwerks langfristig positiv für die Bitcoin. "Wir rechnen aber mit einem langen und steinigen Weg, auf dem mit höheren Unsicherheiten und damit auch noch stärkerer Volatilität, als wir sie aktuell bereits gewohnt sind, zu rechnen ist", erklärt Greenspan abschließend. (aa/ps)