Immer mehr Anleger entscheiden sich für ein passives Investment, indem sie einen börsengehandelten Indexfonds (ETF) kaufen. Damit begeben sie sich auf einen wahren Börsen-Blindflug, warnt Jérémie Fastnacht, Fondsmanager bei der Banque de Luxembourg (BLI). Denn über die Zusammensetzung von passiven Fonds entscheiden allein Indexanbieter wie MSCI und Stoxx: Sie bestimmen damit, welche Länder oder Unternehmen in den ETF aufgenommen und wie sie gewichtet werden, Maßstab hierfür ist meist die Börsenkapitalisierung. "Anders gesagt: Die Anlageentscheidungen werden getroffen, ohne dass irgendjemand die Unternehmen in den Indizes verfolgt, analysiert oder bewertet. Das Geld wird im wahrsten Sinne des Wortes blind investiert", sagt Fastnacht. 

Die Strategie passiver Anleger sei es, ihren Anlagekorb zu einem höheren Preis an neue passive Anleger zu verkaufen, obwohl sie selbst keine Ahnung von seinem tatsächlichen Wert hätten. "Je höher der Anteil passiver Anlagen am Markt, desto weniger basiert der Aktienkurs auf einer Bewertung ihrer Fundamentaldaten und desto stärker hängt die Wertentwicklung für derzeitige passive Anleger von den Kapitalzuflüssen durch neue passive Anleger ab", sagt Fastnacht. Somit ergebe sich ein beunruhigender Mix aus reiner Spekulation und sich selbst erfüllender Prophezeiungen.

Auch ETFs können Verluste bringen
Die seit neun Jahren steigenden Aktienmärkte lassen manche Anleger vergessen, dass die Märkte auch mal fallen können, sagt Fastnacht: "Passive Anlagen können genauso in die Tiefe gerissen werden, wie sie zuvor nach oben getrieben wurden." Manchmal sei der Absturz sogar noch größer als der vorherige Anstieg. Wer nur auf die Performance passiver Produkte schaue und auch das nur für einen begrenzten Zeitraum, nehme eine deterministische Haltung ein. (fp)