Eine Hacker-Attacke auf Ethereum, das Startup von Fintech-Superstar Vitalik Buterin, sorgt für Wirbel in der jungen Szene, wie die "Neue Zürcher Zeitung" (NZZ) in ihrer Sonntagsausgabe berichtet. Ethereum baut ein dezentrales Speicher- und Abwicklungssystem für Finanz- und Rechtsgeschäfte auf und schickt sich an, die bisher weltweit meistbeachtete Form der Blockchain-Technologie zu entwickeln. Buterin erlangte damit rasch Berühmtheit und kündigte an, damit sowohl Banken als auch Tech-Giganten wie Google attackieren zu können. Doch nun ist das Vertrauen in sein Unternehmen erschüttert.

Im Zentrum des Skandals steht ein automatisierter Investmentfonds, in der Branche als "Decentralized Autonomous Organization" (DAO) bezeichnet. Dieser hatte bei Crowdfunding-Geldgebern eine Summe von mehr als 140 Millionen US-Dollar in der digitalen Währung "Ether" eingesammelt. Im Juni gelang es einem Hacker, eine Schwachstelle im Code auszunutzen und mehr als ein Drittel der Summe abzuzweigen.

Verrat an Versprechen
Das Bemerkenswerte dabei: Der Angreifer machte sich damit nicht einmal strafbar, wie das Branchenmagazin "Wired" berichtet. Er habe gehandelt wie ein Bankkunde, der am Automat mehrfach den gleichen Betrag abheben kann, weil die Abbuchung wegen eines Defekts nicht auf seinem Konto registriert wird. Daraufhin entschied sich Ethereum, einen Teil der Transaktionen durch Umbuchungen rückgängig zu machen, da das Geld noch nicht in eine herkömmliche Währung umgetauscht worden war.

Technisch gesehen war es relativ problemlos, die "veruntreuten" Ether mit einem sogenannten "hard fork" wieder ihren rechtmäßigen Besitzern zukommen zu lassen. Doch damit beging Etherum aus Sicht der Kritiker einen Verrat an seinem zentralen Versprechen, dass bei der Blockchain-Technologie keine zentrale Instanz intervenieren kann. Weil sie Zentralbanken und Behörden misstrauen, war für viele Interessierte genau dieser Umstand das Hauptargument für digitale Bezahl- und Speichermöglichkeiten.

"Niemand kann es sich leisten, mit unsicherer Plattform zu arbeiten"
Buterin hat sich seit der Hacker-Attacke nicht mehr zu Wort gemeldet und ignoriert Anfragen der NZZ-Redakteure per Mail oder Twitter. Dabei hat der Vorfall Fragen aufgeworfen, deren Beantwortung für die Zukunft der Blockchain-Technologie entscheidend sind.

Den Banken wiederum verschafft der Skandal vor allem eines: Zeit. "In zwei Jahren dürfte es erste entwickelte Blockchain-Anwendungen im Finanzbereich geben", sagt UBS-Innovationschefin Veronica Lange. "Bis sie im Markt Durchdringung finden, wird aber noch mehr Zeit vergehen." Nach Ansicht von Lange sei es gut möglich, dass sich Blockchain-Anwendungen zunächst außerhalb des Finanzsektors durchsetzen werden. "Welche Blockchain-Form sich letztlich durchsetzt, wird der Markt entscheiden", sagt die Expertin. "Die UBS testet in ihren Labors zahlreiche verschiedene Anwendungen, um für alle Szenarien vorbereitet zu sein. Es kann sich niemand leisten, mit einer unsicheren Plattform zu arbeiten." (mb)