Dass die Europäische Zentralbank (EZB) in der kommenden Sitzung am Donnerstag (12. September) ihre Geldpolitik weiter lockern wird, gilt unter Marktexperten als gesetzt. "Die Finanzmärkte haben ein solches Szenario bereits eingepreist", sagt Paul Brain, Leiter der Anleihesparte bei Newton IM, einer Investmentgesellschaft von BNY Mellon IM. Die Wahrscheinlichkeit steigt, dass die Notenbank die Zinsen noch weiter senken wird. Damit setzt sich die "Japanisierung" Europas fort.

Zugleich stellt sich die Frage, wie sich anhaltend negative Zinssätze auf die wirtschaftliche Stabilität auswirken. Eine moderate Senkung der Leitzinsen um etwa zehn Basispunkte dürfte die europäische Wirtschaft nicht stark beeinflussen. Ein solcher Schritt untermauere jedoch die negative Zinsstruktur weiter, die "für den Bankensektor und die Anleger so schädlich ist", sagt der Anlageprofi.

Fiskalpolitik vor Geldpolitik
Abmildern ließen sich die negativen Folgen zum Beispiel mit dem Kauf von Anleihen oder der Bereitstellung von Liquidität für den Bankensektor, sagt Brain. Immer mehr Stimmen fordern auch die Regierungen dazu auf, in den Konjunkturkreislauf einzugreifen und die Staatsausgaben zu erhöhen. Brain hält das für die bessere Strategie: "Künftig sollten sich alle Marktteilnehmer stärker darauf konzentrieren, welche Richtung die Regierungen fiskalpolitisch einschlagen, als sich nur auf die Entscheidungen der Zentralbanken zu fixieren", sagt er. (fp)