Die Inflation ist in vielen europäischen Ländern zuletzt deutlich gestiegen. In Großbritannien könnte sie im Jahresverlauf die Marke von zwei Prozent reißen und auf bis zu drei Prozent klettern, prophezeit James Lynch, Anleiheexperte bei Aegon Asset Management (Aegon AM). "Da sich die Volkswirtschaften von der Pandemie erholen, wird erwartet, dass die Konjunkturpakete, die in die Weltwirtschaft fließen, zu höheren Preisen führen", sagt er. Für Anleiheinvestoren sind steigende Inflationsraten eine schlechte Nachricht, vor allem, wenn die Renditen so tief liegen wie jetzt. Eine höhere Teuerung wird den Bondmarkt aber nicht in die Krise stürzen, ist Lynch überzeugt.

Der Aegon-AM-Experte geht davon aus, dass die Ursachen für die steigenden Inflationsraten nur kurzfristiger Natur sind und dass die Notenbanken höhere Teuerungsraten deshalb tolerieren. Zinsanhebungen, die die Kurse bereits ausgegebener Anleihen belasten würden, seien erst einmal nicht in Sicht. "Es ist unwahrscheinlich, dass die Zinssätze steigen, bis wir weit im Aufschwung sind", sagt Lynch. "Die Zentralbanken der Industrieländer werden bei einer Inflation von zwei bis drei Prozent nicht mit der Wimper zucken, vor allem nicht, wenn das Bruttoinlandsprodukt noch unter dem Niveau von 2019 liegt."

Preisanstieg hat die falschen Gründe
Die Ursache für den jüngsten Anstieg der Inflation sieht Lynch auf der Angebotsseite, vor allem in krisengebeutelten Branchen wie dem Gastgewerbe, sowie im Energiesektor. Angebotsengpässe und Anomalien bei der Preisgestaltung in einzelnen Sektoren dürften sich auf Sicht wieder legen, sagt er. Effekte durch einen höheren Ölpreis wiederum seien am Markt bereits eingepreist. "Sobald eine nachfrageseitige Inflation auftritt, werden die Zentralbanken anfangen, über eine Straffung zu sprechen, um eine nachfragegetriebene Inflation zu verhindern", sagt er. "Aber das liegt noch in weiter Ferne." (fp)