Die gebürtige Brasilianerin Claudia Calich, Fondsmanagerin für Anleihen bei M&G Investments, analysiert anlässlich der am Sonntag stattfindenden Präsidentenwahl in Brasilien die aktuelle wirtschaftliche Lage des größten südamerikanischen Landes. Egal ob die amtierende Regierungschefin Dilma Rousseff oder ihre Herausforderin Marina Silva am Schluss triumphieren werde, die brasilianische Wirtschaft müsse dringend reformiert werden.

Brasilien in einer kritischen Phase
Derzeit befindet sich das Land in einer kritischen Phase der Stagflation, in der konjunkturelle Schwäche und Preissteigerung aufeinandertreffen. Die neue Regierung müsse daher in mehreren Bereichen Reformen einleiten: "Angesichts der zu lockeren Haushaltspolitik ist als Gegengewicht eine sehr restriktive Geldpolitik nötig, um die Inflation einzudämmen. Gleichzeitig müssen die Aufwendungen für Sozialprogramme und Pensionen reduziert werden, da Brasilien bereits unter einer sehr hohen Steuerlast leidet." Bei dem derzeitigen Wachstums- und Zinsniveau werde der aktuelle finanzpolitische Kurs zu einer unhaltbaren Verschuldung führen.

Kredite müssen teurer werden
Darüber hinaus sei es erforderlich, dass die staatlich geführten Banken sowohl das Kreditvolumen reduzierten als auch die Darlehenszinsen erhöhten, um die Kosten dieser Kredite realistischer abzubilden, so Calich weiter. Der brasilianische Real müsse zudem frei schwanken können, denn trotz einiger Anpassungen in den letzten zwei Jahren sei die Währung noch immer überbewertet.

"Marina Silva ist die Favoritin der Märkte bei der kommenden Präsidentschaftswahl", sagt Calich. "Falls sie gewinnt, würden wir eine Rallye im Real, bei Aktien und bei Anleihen sehen. Ein Sieg Dilma Rousseffs würde dagegen negativ bewertet – mit entsprechenden Konsequenzen für die Kurse." (aa)