Der französische Asset Manager hat jüngst für alle seine Fonds die Investments in bestimmte Sektoren begrenzt. Welche Ziele der Anbieter vermögensverwaltender Fonds damit verfolgt und wie das Haus nachhaltige Überlegungen in der Praxis umsetzt, erläutert Sandra Crowl im Interview mit FONDS professionell ONLINE. Sie verantwortet als Mitglied im Investmentkomitee der Franzosen die Strategie für ökologisch-soziale Investments. 

Frau Crowl, die Nachfrage nach ökologisch und sozial verantwortungsbewussten Investments steigt. Wie reagiert Ihr Haus auf den Trend?

Sandra Crowl: Wir haben für alle unsere Fonds einen ESG-Filter eingerichtet. Dieser stellt die Frage, ob ein Unternehmen eine positive oder eine negativen Einfluss auf die Umwelt oder die Gesellschaft hat. Wir investieren nicht in Unternehmen, die eine negative Wirkung haben.

Wie stellen Sie das fest?

Crowl: Die Betrachtung nachhaltiger Kriterien ist bei uns vollständig in den Investmentprozess integriert. Wir haben, im Gegensatz zu manch anderen Anbietern, kein gesondertes ESG-Team, das nachgelagert die Investmententscheidungen auf die Einhaltung nachhaltiger Kriterien prüft. Bei uns übernimmt dies das Investmentteam selbst. Solche Überlegungen fließen daher bei uns schon von Anfang an in die Titelauswahl ein. Die ESG-Analyse läuft analog zur finanziellen Bewertung der Unternehmen.

Plädiert Ihr Haus auch  für ein Umdenken bei den Firmen, in die Sie investieren?

Crowl: Wir engagieren uns auch auf Hauptversammlungen und schließen uns mit anderen Investoren in solchen Fragen zusammen. Denn vereint erreichen wir mehr. Wir nutzen etwa auch den Stimmrechtsberater ISS. Allerdings behalten wir stets die Hoheit darüber, wie wir auf einer Aktionärsversammlung abstimmen.

Klammert Ihre Gesellschaft bestimmte Branchen auch komplett aus? 

Crowl: Wir haben einige Ausschlusskriterien definiert. So investieren wir in keine Konzerne, die mehr als 25 Prozent der Einnahmen aus dem Kohleabbau erzielen. Wir haben auch kontroverse Waffen ausgeschlossen. Damit gießen wir unsere bereits gelebte Praxis in feste Regeln.


Mit welchen Schwierigkeiten die Manager vermögensverwaltender Fonds bei der Umsetzung von nachhaltigen Kriterien in ihrer Investmentstrategie ringen und wie die Anbieter die Probleme lösen, lesen Sie in Ausgabe 4/2018 von FONDS professionell. Angemeldete KLUB-Mitglieder finden den Beitrag auch hier im E-Magazin.


Haben Sie überhaupt noch Fonds mit explizit nachhaltigem Fokus im Sortiment? 

Crowl: Ja, bei vier Portfolios setzten wir noch höhere Hürden. Hier sind Investments in Tabak, Ölsand sowie Glücksspiel und Tierverarbeitung weitgehend ausgeschlossen. Der Anteil der Kohleförderung am Umsatz ist bei diesen vier Fonds auf fünf Prozent beschränkt.

Führt ein Teilausschluss bestimmter Sektoren wirklich zum Ziel?

Crowl: Wir strengen uns an und sind bereits sehr gut. Aber natürlich können wir noch in vielen Punkten besser werden. Auf der anderen Seite wollen wir beispielsweise Unternehmen nicht völlig ausschließen, die Erlöse aus Kohle erzielen. Denn viele dieser Konzerne gehören in Schwellenländern zu wichtigen Energielieferanten. Diese Länder verfügen oftmals noch über keine anderen als fossile Energiequellen. Wenn wir solchen Unternehmen die Finanzierung abschneiden, behindern wir damit auch Schwellenländer in ihrer Entwicklung. Wir müssen da Schritt für Schritt vorgehen.

Die Meinungen darüber, was in eine nachhaltiges Portfolio gehört und was nicht, gehen zudem auseinander. Wie gehen Sie damit um?

Crowl: Der Ausschluss bestimmter Branchen entspringt den Überzeugungen des Vorsitzenden unseres Unternehmens, geht aber auch auf die Wünsche unserer Kunden zurück. Uns ist auch bewusst, dass beispielsweise einige deutsche und österreichische Anleger Atomkraft mit Skepsis betrachten. Wir achten daher darauf, dass entsprechende Unternehmen keine großen Gewichte einnehmen.

Schmälern Nachhaltigkeitsregeln die Rendite?

Crowl: Nein, mitunter ist sogar das Gegenteil der Fall: Die Beachtung nachhaltiger Kriterien ist sehr wichtig bei der Frage, ob langfristig Wert geschaffen werden kann. Der Blick auf ESG-Belange kommt für Fondsmanager einer Risikokontrolle gleich. Denn bei der nachhaltigen Sichtweise offenbaren sich mitunter Gefahrenquellen, die eine klassische Herangehensweise nicht zutage gefördert hätte.

Bei der Betrachtung von Unternehmen und ihren Aktien ist der Blick auf Nachhaltigkeit mittlerweile etabliert. Aber wie sieht es auf der Anleihenseite aus?

Crowl: Nur wenige Ratingagenturen bewerten Staatsanleihen unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit. Daher haben wir unser eigenes Bewertungsmodell entwickelt. Dies zeigt Warnsignale, wenn in einem Land politische oder soziale Schieflagen herrschen, sowie die Pressefreiheit oder freie Wahlen gefährdet oder nicht gegeben sind. Bei Unternehmensanleihen gelten bei uns übrigens die gleichen Ausschlusskriterien wie für Aktien.

Vielen Dank für das Gespräch. (ert)