Kommt sie und wenn ja, wie lange? Die Frage nach der Rückkehr der Inflation bereitet dieser Tage vielen Marktexperten Kopfzerbrechen. Eine hieb- und stichfeste Prognose lässt sich dabei kaum abgeben, jedoch können mit Blick auf die Vergangenheit Schlüsse für die Zukunft der Preisentwicklung gezogen werden. Didier Saint-Georges, Mitglied des Investmentkomitees beim Vermögensverwalter Carmignac, sieht in der aktuellen Situation entscheidende Unterschiede zu ähnlichen Szenarien, etwa in den Monaten nach der Finanzkrise 2008. Auch damals erwartete man einen kräftigen Inflationsanstieg. Dieser blieb jedoch aus. "Keine Preissteigerungen und das schleppende Wirtschaftswachstum bildeten die Norm", sagt Saint-Georges. 

Ein Hauptgrund: Die für das Ankurbeln der Wirtschaft bestimmten Gelder kamen nie dort an. "Im Grunde blieb diese Liquidität im Finanzsystem hängen. So waren es Aktien und Anleihen, die ziemlich dramatisch anstiegen und nicht die Preise der Konsumgüter", sagt der Marktexperte. Um genau dieses Szenario zu vermeiden, haben die Staaten in der aktuellen Krise Maßnahmen ergriffen. "Dieses Mal wurden fast durchgängig Hilfspakete geschnürt die gewährleisteten, dass die 'Geldschöpfung' Einzelpersonen und Unternehmen zur Verfügung stand", sagt Saint-Georges. Seiner Meinung nach ist der Verdacht daher berechtigt, dass der langanhaltende Trend der Deflation der letzten Jahrzehnte unterminiert werden könnte. 

Ernstzunehmendes Szenario 
Der Markt müsse die nachhaltige Rückkehr der Inflation ernsthaft in Erwägung ziehen. "Eine Bestätigung hierfür erhalten wir allerdings nicht sofort. Die Überschuldung des vergangenen Jahrzehnts ist kein unerhebliches Hindernis für den Anstieg der Inflation und der Zinsen", sagt Saint-Georges. Vor allem in Europa erscheint aufgrund der Unterbeschäftigung, der strukturellen Wachstumsbremsen und der relativ moderaten Konjunkturprogramme eine Änderung der Inflationsentwicklung weniger wahrscheinlich. (fp)