Beinahe überall sind in den vergangenen Monaten die Börsen deutlich gestiegen. Es gibt inzwischen mehrere Faktoren, die belastend wirken könnten, auch aus technischer Sicht. Kommt jetzt also ein Crash? Wieland Staud, Chef der Staud Research GmbH, hält von solchen Vorhersagen nicht viel. "Wirklich ernst kann ich das nicht mehr nehmen", schreibt der Charttechniker in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ). "Wenn alle Crashs, die in den vergangenen Jahrzehnten angekündigt wurden, wirklich eingetreten wären, würden wir längst wieder mit Fred Feuerstein und Barney Geröllheimer in einer Höhle Kaninchen grillen."

Stauds Vermutung: Crash-Propheten gieren vor allem nach Aufmerksamkeit, nach Klicks, Lese- und Werbezeit. Ihnen sei jedenfalls kaum an einer nüchternen analytischen Auseinandersetzung mit dem Thema Börsenkrach gelegen, urteilt der Experte. "Ein Beitrag, dessen Überschrift die Buchstaben C, R, A, S, und H in dieser Reihenfolge enthält, wird einfach viel eher gelesen als einer, über dem das weit weniger effektheischende Wort 'Abwärtstrend' steht." Je lauter das Getöse, desto gelassener sollten Anleger bleiben, meint Staud: "Wenn viele über einen Crash sprechen und schreiben, ist die Gefahr für ein solch urgewaltiges Ereignis sehr klein."

Nasdaq könnte abrutschen
Sämtliche Marktbeben seit der Jahrtausendwende, die die Bezeichnung "Crash" verdienten, wurden nicht angekündigt, so Staud in der FAZ. "Das war so beim Platzen der Internetblase in den Jahren 2000 bis 2003, der Finanzkrise 2008 und beim Corona-Crash im Jahr 2020." Damit ein Abwärtstrend den bösen Namen mit C verdient, muss er existenziell sein, betont der Charttechniker. Man könnte sogar noch weiter gehen und sagen: Er muss zudem innerhalb einer kurzen Zeitspanne stattfinden. "Kann ein Crash überhaupt ein Crash sein, wenn er sich drei Jahre Zeit lässt?", fragt Staud.

Die brennendere Frage für viele Anleger dürfte sein, ob bald ein Kursrutsch ansteht, der sich als Crash qualifiziert. Der Experte sagt: unwahrscheinlich. "Eine ausgedehnte Korrektur, die den amerikanischen Technologieindex Nasdaq 100 in Bereiche zwischen 11.00 und 12.000 Punkte zurückführt, könnte allerdings schon auf der Agenda stehen", erklärt er. Das entspräche vom aktuellen Index-Stand aus einem Rückgang um sechs bis 14 Prozent. Wäre das schon ein Crash? Ansichtssache. (fp)