Im Rahmen der Corona-Krise kocht die Diskussion um eine stärkere Rolle des Staates in der Wirtschaft wieder hoch. Auch, um übernahmewilligen Investoren ausländischer Provenienz die Einkaufstour bei deutschen Industrie-Ikonen zu vermiesen, wird über gezielte Aktienkäufe der öffentlichen Hand als "Schutzschirm" nachgedacht. Argumente gibt es in die eine wie die andere Richtung viele. Befürworter der Idee sollten einen Blick auf die Commerzbank riskieren: Denn dass der Schuss auch nach hinten losgehen kann, lässt sich am Negativbeispiel der zweitgrößten deutschen Geschäftsbank quasi "live" mitverfolgen. 

Ausgangspunkt ist eine Anfrage des Bundestagsabgeordneten Fabio De Masi (Die Linke) zur "Erfolgsrechnung" des bei Ausbruch der Finanzkrise 2009 erfolgten staatlichen Einstiegs bei dem damals schwer angeschlagenen Geldhaus. Aus einer Antwort der Bundesregierung geht hervor, dass die Commerzbank zwar zwischen 2009 und 2018 rund 1,4 Milliarden Euro an den Bund überwiesen hat – vor allem als Dividenden. Diesem Geldstrom stehen aber Refinanzierungskosten für den Staat von rund 1,8 Milliarden Euro für seine Commerzbank-Beteiligung gegenüber, heißt es in der Antwort, die von der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) veröffentlicht wurde.

"Fast komplett in Luft aufgelöst"
Damit entstehen dem deutschen Steuerzahler, der ironischerweise als Sparer konsequent Abstand zur Börse hält, rechnerisch schon mal rund 400 Millionen Euro an Kosten für das Halten seiner Commerzbank-Anteile. Horrende Kursverluste von allein 40 Prozent seit Jahresbeginn haben außerdem dazu geführt, dass das staatliche Aktienpaket in Höhe von 15,6 Prozent nur noch 600 Millionen Euro wert ist. Bezogen auf die 5,054 Milliarden Euro, die der Bund einst dafür in die Hand genommen hat, ergibt sich ein Buchverlust von knapp 90 Prozent oder 4,45 Milliarden Euro. Anders ausgedrückt: Um den Einstiegskurs von rund 25 Euro wieder zu erreichen, müsste der MDax-Aktie, die aktuell bei 3,20 Euro notiert, schon ein mittelgroßes Wunder widerfahren.

Verständlich, dass der Bund seinem Engagement lieber gestern als heute ein Ende setzen will. Doch mutmaßlich von Finanzminister Olaf Scholz federführend initiierte Versuche, einen inländischen Abnehmer für das Aktienpaket zu finden und eine "Deutsche Commerz" zu formen, scheiterten im April 2019.

"Die Rettung der Commerzbank war ein milliardenschweres Verlustgeschäft. Mit den aufgelaufenen Verlusten und weiteren Kosten hat sich das verbliebene Investment des Bunds von fünf Milliarden Euro fast komplett in Luft aufgelöst", stellt De Masi fest. Und weiter: "Es war ein schwerer Fehler, nicht wenigstens hinreichenden Einfluss auf die Geschäftspolitik zu nehmen." Aus seiner Sicht drohen jetzt ähnliche Fehler, falls der Bund in der Corona-Krise wieder auf stille Beteiligungen und Aktienkäufe von Großkonzernen setzt – womöglich als nächstes bei der Lufthansa. (hw/ps)