Ronald-Peter Stöferle und Mark Valek sind überzeugt: "Die Marktteilnehmer unterschätzen die Auswirkungen von 'Quantitative Tightening', wie sie diese auch bei 'Quantitative Easing' unterschätzten." Stöferle und Valek sind Partner der liechtensteinischen Investmentboutique Incrementum und Co-Fondsmanager des Incrementum Inflation Diversifier, des weltweit ersten Investmentfonds, der auf den Prinzipien der Österreichischen Schule der Nationalökonomie beruht.

Bekannt ist Incrementum vor allem für den "In Gold we Trust"-Report, der mittlerweile in der zwölften Auflage erschienen ist. "Das ist mittlerweile weltweit die am meisten gelesene Studie zum Thema Gold", betonten die beiden Autoren bei der Vorstellung der aktuellen Edition. Immerhin haben an der jährlich sowohl in Deutsch (211 Seiten) als auch in Englisch (230 Seiten) veröffentlichten Studie 15 Menschen mitgearbeitet. "Das ist mittlerweile ein sehr großes Projekt", erklärte Stöferle stolz.

Die "In Gold we Trust"-Studie liefert seit Jahren eine "holistische" Einschätzung des Goldsektors und der wichtigsten Einflussfaktoren wie Realzinsentwicklung, Opportunitätskosten, Schulden oder Notenbankmaßnahmen. Im Vorjahr wurde der Report in mehr als 60 Ländern über 1,7 Millionen Mal im Internet heruntergeladen und gilt damit als internationales Standardwerk für Gold, Silber und Minenaktien.


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Geldpolitische Gezeitenwende
In der zwölften Ausgabe liegt einer der Schwerpunkte auf drei das Geldwesen betreffende fundamentale Trendwenden, die die beiden Studienautoren Stöferle und Valek unter "Monetäre Gezeitenwende" subsummieren.

Die erste fundamentale Trendwende ist die nunmehr eingeläutete "geldpolitische Gezeitenwende". Denn der weltweit einsetzende Zinserhöhungszyklus und insbesondere die Schubumkehr der Zentralbanken von Quantitative Easing zu Quantitative Tightening beenden das Jahrzehnt der Liquiditätsschwemme. "Die Zinswende ist ein sehr großer Risikofaktor", betont Stöferle. Das Verebben der Liquiditätsflut bedeute den ersten echten Crash-Test für die Finanzmärkte seit zehn Jahren. Immerhin will die Fed dem System spätestens ab Herbst über Offenmarktgeschäfte monatlich zu 50 Milliarden US-Dollar entziehen.

Währungspolitische Gezeitenwende
Nach Ansicht der beiden Studienautoren setzt sich die "De-Dollarization" fort, das heißt eine schleichende Abwendung vom US-Dollar als alles dominierende Weltleitwährung und damit die Umformung der unipolaren in eine multipolare Welt- und Geldordnung. Hinzu komme eine geopolitische Polarisierung und eine politische Rhetorik, die stärker das Trennende als das Einende betone. Mit der Wahl von Donald Trump habe diese Entwicklung einen neuen Höhepunkt erreicht.

Für die USA könnte der schleichende Verlust des hegemonialen Status der Weltleitwährung weitreichende Konsequenzen haben. Eine sinkende Nachfrage nach US-Dollar und amerikanischen Staatsanleihen könnte sowohl die heimische Preisinflation befeuern als auch die Zinsen weiter nach oben treiben. Ein Beispiel für den schleichenden Machtverlust der USA sei beispielsweise die jüngste Einführung von Öl-Futures in der Währung Yuan. Aber auch bei Gold kam es vor einigen Jahren zu einer vergleichbaren Entwicklung. 

Der steigende Bedarf nach Substitutionsmöglichkeiten des immer unbeliebteren US-Dollar führt – auch mangels echter Alternativen – zu einem Revival von Gold als Währungsreserve. Insbesondere die Zentralbanken Russlands, Chinas, Indiens und der Türkei treten seit geraumer Zeit regelmäßig als Käufer auf. "Gold wandert vom Westen in den Osten", fasst es Stöferle kurz und knapp zusammen.

Technologische Gezeitenwende
Die technologische Gezeitenwende vollzieht sich durch die Verbreitung der Blockchain-Technologie und der Kryptowährungen. Neue Technologien eröffnen eine Vielzahl an Innovationen im Bereich virtueller Zahlungsmittel und Wertaufbewahrungsmöglichkeiten. Gold und Kryptowährungen stehen sich nach Ansicht der beiden Autoren nicht feindlich gegenüber, sondern können ihre jeweiligen Stärken im kooperativen Miteinander noch stärker ausspielen. Denn viele junge, technologieaffine Bürger, die das Vertrauen in das derzeitige Finanz- und Geldsystem verloren haben und "Alternativen" suchen, kaufen neben Kryptowährungen auch Gold – am liebsten über goldgedeckte Kryptowährungen, die bereits lanciert wurden.

Für Stöferle und Valek hat jede dieser drei Gezeitenwenden das Potenzial, die Welt und den Goldpreis nachhaltig zu beeinflussen. "Angesichts der drei Gezeitenwenden sind wir für Gold zuversichtlich. Sobald sich erste Konsequenzen des geldpolitischen U-Turns zeigen und Rezessionswolken aufziehen, wird Gold als klassischer sicherer Hafen wieder gefragt sein", so Stöferles Fazit. (aa)