Viele Anleger fragen sich, ob die Zinsen ihren Abwärtstrend 2020 fortsetzen werden, oder ob dem disinflationären Trend nicht doch langsam die Puste ausgeht. Peter De Coensel, Chefanlagestratege bei Degroof Petercam AM (DPAM), hält eine Zinswende in naher Zukunft nicht nur für möglich, sondern für wahrscheinlich. „Die Tatsachen sprechen eher dafür, dass die Zinsmärkte anfällig für Veränderungen geworden sind und die Richtung wechseln hin zu tendenziell wieder höheren Zinsen", sagt er.

Treiber dieser Entwicklung ist unter anderem die schwindende geldpolitische Dominanz der Notenbanken. „Wir glauben, dass in den nächsten Jahren anstelle der Geldpolitik die Fiskalpolitik zu einem stärkeren Motor für das Investitionswachstum wird", sagt De Coensel. Die Kombination aus passiver Geldpolitik und einer starken Fiskalpolitik dürfte zu steileren Zinskurven in den USA und Europa sowie einer insgesamt höheren Volatilität der Zinssätze führen.

Anleger sollten realistisch bleiben
Neben der Geld- und Fiskalpolitik spielen dem Anlageprofi zufolge auch überraschende Aufwärtstendenzen bei der Inflation eine wichtige Rolle. Soziale Unruhen wie zuletzt in Chile oder Kolumbien befeuern die Debatte über eine gerechte Verteilung und kurbeln die Lohninflation an. Gleichzeitig führen protektionistische Strömungen zu einer zunehmenden Regionalisierung der Wertschöpfungsketten.

Derart komplexe Veränderungen können zu Versorgungsengpässen führen, während die Beteiligten gleichzeitig um Zölle und nicht-tarifäre Regulierung striten. „Dies wird den Inflationsdruck bei Waren und Dienstleistungen stützen", sagt De Consel. Trotz der Aussicht auf steigende Zinssätze sollten Anleger aber realistisch bleiben: „Das absolute Zinsniveau wird vorerst niedrig bleiben." (fp)