Die Leitzinsen dürften langfristig deutlich höher bleiben als in den 2010er Jahren. Davon geht Mark Dowding aus, Fixed-Income-Investmentchef bei RBC Bluebay Asset Management. "Das künftige Zinsniveau dürfte eher dem aus den 1990er Jahren ähneln. Die Zinsfantasien vieler Anleger werden enttäuscht", sagte er im Interview mit FONDS professionell, das in voller Länge in Ausgabe 2/2024 erschienen ist.

"Wir sehen viele Gründe für dauerhaft höhere Teuerungsraten, etwa die teilweise Umkehrung der Globalisierung, die grüne Inflationsprämie angesichts des Übergangs zu einer nachhaltigeren Wirtschaft und den Ersparnisabbau der Babyboomer, die nach und nach ins Rentenalter kommen", so Dowding in seinem Londoner Büro. Hinzu komme der auch aufgrund der Demografie boomende Arbeitsmarkt. Die Arbeitslosigkeit befinde sich sowohl in den USA als auch in Europa auf einem Rekordtief. "Die angespannte Lage könnte die Löhne zusätzlich nach oben treiben", befürchtet der Bluebay-Investmentchef. "Mit der Inflation werden auch die Anleiherenditen und Zinssätze auf einem etwas höheren Niveau bleiben."

Erinnerung an Liz Truss' verfehlte Politik
Als weiteren Treiber der Inflation hat Dowding die hohen US-Staatsausgaben ausgemacht. "Die US-Fiskalpolitik ist ziemlich verrückt. Amerikas Wirtschaft boomt und das Haushaltsdefizit von rund sechs Prozent im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung steigt sogar noch", sagt er. Außerdem sprächen beide Präsidentschaftskandidaten von weiteren Steuersenkungen. "Steuern senken und die Ausgaben erhöhen bringt im Wahlkampf Stimmen. Mehr Geld auszugeben als man hat, funktioniert aber nur bis zu einem gewissen Grad", mahnt er.

Dowding erinnert an Großbritannien unter Premierministerin Liz Truss, als der Anleihemarkt der britischen Finanzpolitik das Vertrauen aufkündigte und die Anleihenkurse kurz ins Bodenlose stürzten. "Das kann sich in anderen Märkten wiederholen", warnt der Anlageexperte. "Allerdings sind die USA von diesem Punkt noch weit entfernt."

Chancen auf ineffizienten Märkten
Dowding geht im Interview auch auf die zunehmende Dominanz passiver Anlagestrategien ein. In diesem Zusammenhang betont er den Unterschied zwischen Aktien- und Anleihenindizes. "Bei Aktienindizes belohnt die Art und Weise, wie der Index aufgebaut ist, die Gewinner. Die erfolgreichsten Unternehmen haben am Ende die größte Kapitalisierung und das größte Gewicht im Index", so der Bluebay-Manager. Bei Anleihen sei das anders: "Hier belohnen die kapitalisierungsgewichteten Indizes die Emittenten mit den meisten Schulden. Das ist ein seltsames Konstrukt."

Der Markt für festverzinsliche Papiere sei insgesamt sehr ineffizient, was aktiven Managern Vorteile biete. "Ständig werden neue Wertpapiere emittiert", so Dowding. Außerdem gebe es Laufzeit-, Liquiditäts- und Kreditprämien und es fänden sich viele Anleger, die nicht auf eine Maximierung der Renditen aus seien, etwa Zentralbanken oder regulierte institutionelle Anleger. "Bei festverzinslichen Wertpapieren verschenken Anleger mit passiven Strategien eine gute Gelegenheit, Geld zu verdienen", ist er überzeugt. "Wir managen beispielsweise Strategien, die ihre Benchmark seit 14 Jahren in Folge geschlagen haben."

Skepsis gegenüber Kryptowährungen
Von Anlagen in Kryptowährungen hält Dowding dagegen wenig: "Ich glaube nicht, dass wir morgen überall mit Bitcoin bezahlen oder in Bitcoin sparen werden. Wir sehen Kryptowährungen eher als Mittel zur Finanzspekulation und nicht als Vermögensspeicher oder Tauschmittel." Er glaube nicht, "dass Kryptowährungen für Anleger langfristig eine attraktive Anlage sind", so Dowding. (jh/bm)


Das vollständige Interview mit Mark Dowding ist in FONDS professionell 2/2024 ab Seite 120 erschienen. Angemeldete Nutzer können den Beitrag auch hier im E-Magazin lesen.