Kaum hat Europas Politik ein Problem halbwegs lösen können, flammt an anderer Stelle bereits ein neuer Krisenherd auf: Das sagte Marcel Fratzscher, Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), während seines Vortrags auf dem Institutional Money Kongress 2016. Fratzscher nahm kein Blatt vor den Mund und versprühte wenig Optimismus: "Europa hat nicht nur mit einer, sondern mit vielen Krisen zu kämpfen", sagte er. 

Die vielfältigen Probleme Europa hätten offenbar auch Auswirkungen auf die Stimmung von Investoren und Konsumenten, stellte Fratzscher fest. Nicht grundlos habe beispielsweise Larry Summers kürzlich prognostiziert, dass die Wahrscheinlichkeit, dass die Eurozone in den kommenden zwei Jahren in eine Rezession rutsche, bei mehr als 50 Prozent liege. "Europa braucht mehr Wachstum, um aus diesem Teufelskreislauf ausbrechen zu können", betonte der DIW-Präsident auch im nachfolgenden Video-Interview mit FONDS-professionell-Herausgeber Hans Heuser.

Neun Risiken für Europa, Brexit inklusive 
Fratzscher nannte zudem neun unterschiedliche Risiken für Europa, die von Griechenland über die Flüchtlings- und Staatsschuldenkrise bis zur Wachstumsschwäche in China sowie der Geldpolitik reichten. Sein Hellas-Ausblick war sehr pessimistisch: "Es ist uns allen klar, dass Griechenland wieder eine Umschuldung benötigen wird", sagte er. Laut IWF liege die Wahrscheinlichkeit dafür, dass dies schon im Jahr 2017 erfolge, recht hoch. 

Deutschland ist nicht nur Musterknabe
Die Staatsschuldenkrise bereitet Fratzscher angesichts der niedrigen Zinsen derzeit wenig Kopfzerbrechen, eine Refinanzierung werde dadurch erleichtert. Doch dies werde sich irgendwann wieder ändern, dann würde diese Krise erneut aufflammen, warnte er. Auch Deutschland betrachtet er nicht nur als Musterknaben und Wirtschaftslokomotive Europa: Die schöne Fassade fange langsam, aber sicher an zu bröckeln, sagte Fratzscher. Sehen Sie selbst im Video-Interview, was der Wirtschaftsexperte sonst noch zu sagen hat. (fp)