Anleger sollten jetzt in Aktien investieren, rät Asoka Wöhrmann, Vorsitzender der DWS-Geschäftsführung, eindringlich. "Sie sind in diesen Zeiten alternativlos", sagt er in einem Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS). Er rechnet damit, dass die Zinsen bis mindestens zum Jahr 2030 bei oder nahe null bleiben. Darüber hinaus verlangen immer mehr Banken Negativzinsen – eine zusätzliche Belastung für Sparer. "Die Finanzrepression, vor der ich vor zehn Jahren schon gewarnt habe, also die Entwertung der Sparanlagen, ist heute Realität", sagt Wöhrmann. Nur mit Aktien könne man noch aussichtsreich investieren.

Der DWS-Chef geht davon aus, dass der Dax in absehbarer Zeit die Marke von 20.000 Punkten überschreiten wird. Derzeit steht der deutsche Leitindex bei etwas über 13.000 Punkten. "Wer jetzt nicht umdenkt und sein Geld immer noch auf dem Konto bunkert, schadet sich selbst", warnt Wöhrmann. "Jetzt ist es Zeit, das Sparschwein zu schlachten und das Ersparte sinnvoll zu investieren."

Wirecard hat de Aktienimage geschadet
Viele Menschen haben trotz Nullzinsen und steigender Aktienkurse immer noch Angst vor der Börse. Wöhrmann kann solche Vorbehalte nach eigenem Bekunden verstehen, vor allem bei älteren Semestern. Früher habe man keine Notwendigkeit zur privaten Altersvorsorge gesehen und voll auf das staatliche Rentensystem vertraut, erklärt er im FAS-Interview – und das auch mit Recht. "Aber die Zeiten haben sich geändert." Acht Prozent Zinsen für Bundesanleihen, wie in den 1980er Jahren, wird es jedenfalls so bald nicht wieder geben, vielleicht sogar überhaupt nie mehr.

Zwar habe der Fall Wirecard das Ansehen der Aktie als Anlageform stark beschädigt, räumt Wöhrmann ein. "Das war ein enormer Reputationsverlust, da gibt es nichts schönzureden." Die Verluste, die viele Investoren im Zuge des Wirecard-Skandals erlitten, seien "unglaublich bitter". Letztlich habe der Absturz des einstigen Shooting Stars aber der Wertentwicklung des Dax kaum geschadet. "Der Fall Wirecard zeigt einmal mehr, wie gefährlich Einzelaktien für Privatanleger sein können", argumentiert der DWS-CEO. "Wer dagegen in einen deutschen Aktienfonds oder einen Aktien-Sparplan investiert hat, der hat kaum etwas von der Pleite gespürt."

Für sein Haus ist der Bilanzskandal um den einst angehsehen Zahlungsdienstleister noch längst nicht ad acta gelegt. "Wir werden mit allen rechtlichen Mitteln gegen die Verantwortlichen für die kriminellen Machenschaften vorgehen. Das sind wir unseren Kunden schuldig," kündigt Wöhrmann an. In dieser Woche werde die DWS gegen Markus Braun, Jan Marsalek und weitere Verantwortliche Strafanzeige erstatten und zivilrechtliche Ansprüche geltend machen. "Darüber hinaus haben wir im Insolvenzverfahren von Wirecard für die Verfehlungen, zurückgehend bis 2014, Ansprüche für alle unsere aktiven und passiven Fonds weltweit inklusive Zinsen und Zinseszinsen in Höhe von mehr als 600 Millionen Euro angemeldet", ergänzt der DWS-Obere.

Auch Fondsmanager dürfen Fehler machen
Für DWS-Fondsmanager Tim Albrecht, der zeitweise stark bei Wirecard engagiert war, zeigt Wöhrmann im FAS-Interview Verständnis: "Tim Albrecht ist seit mehr als zehn Jahren einer unserer Vorzeigemanager. Ein aktiver Fondsmanager darf auch mal falschliegen, wenn er begründet agiert hat und wenn er aus seinen Fehlern lernt. Bei Tim bin ich mir dessen sicher." Darüber, dass die DWS zwischenzeitlich der größte Aktionär des Skandal-Zahlungsdienstleisters war, war Wöhrmann dennoch laut eigenen Worten "nicht besonders erfreut". (fp)