Mehr nachhaltige Investments führen nicht zu mehr nachhaltiger Entwicklung. Davon ist Frank Wettlauffer überzeugt, Geschäftsführer der Wettlauffer Wirtschaftsberatung, die institutionelle Anleger berät. Wettlauffer kennt die Szene, er saß lange Jahre im Vorstand des Forums Nachhaltige Geldanlagen (FNG).

Die Förderung nachhaltiger Geldanlagen durch die Europäische Union sei eine "Scheinlösung", kritisiert Wettlauffer. "Durch den Aktionismus versucht die Politik, sich von ihrer realwirtschaftlichen Verantwortung zu befreien", so das harte Urteil des Consultants. Das Ziel, durch die Lenkung der Kapitalströme nachhaltiges Wirtschaften voranzutreiben, werde verfehlt.

"Eigentümerwechsel hat keinen direkten Einfluss"
Es sei offensichtlich, dass durch das reine Umbenennen bestehender konventioneller in nachhaltige Kapitalanlagen kein einziges Klimaschutzprojekt zusätzlich lanciert werde. "Nachhaltige Fonds können alle Wertpapiere von Kohleunternehmern verkaufen und die Gelder in Wertpapiere von Herstellern erneuerbarer Energie investieren: Da es für jeden Verkäufer einen Käufer geben muss, bleibt das Finanzkapital konstant", argumentiert Wettlauffer. "Damit hat der Eigentümerwechsel keinen direkten Einfluss auf die Finanzsituation und das Management der Unternehmen."

Es komme vielmehr darauf an, dass Unternehmer zusätzliche nachhaltige Projekte angehen. "Dies geschieht, wenn die Finanzierung zuvor limitiert oder zu teuer war. Dies ist angesichts des Anlagenotstands und niedriger Zinsen in OECD-Ländern für finanziell attraktive grüne und andere Projekte nicht der Fall", so der Berater.

"Wirkungsillusion"
Die geplante Pflicht des Finanzsektors, über die nachhaltige Wirkung des jeweiligen Finanzprodukts zu berichten, basiere auf einer "Wirkungsillusion". "Bereits jetzt zeigt sich, dass Anleger mit der Berichtspflicht getäuscht werden", sagt Wettlauffer. "Anbieter grüner Geldanlagen stellen vor allem den vermeintlich positiven Beitrag des Anlageprodukts heraus. Dies könnte bei Anlegern zu weniger nachhaltigem Handeln mit effektiver Wirkung führen, beispielsweise weil eine angebliche Kohlendioxid-Kompensation schon durch die Anlage in Finanzprodukten erreicht werde und eine effektive Kompensation oder der Verzicht auf schädliche Handlungen unterlassen wird." (Lesen Sie hierzu auch den Kommentar von FONDS professionell-Chefredakteur Bernd Mikosch: "Lässt sich mit Fonds die Welt retten?")

Stattdessen solle die Finanzbranche auf eine Werbung mit der positiven Wirkung von nachhaltigen Geldanlagen verzichten, so sein Plädoyer. Die Politik ruft er auf, auf Scheinlösungen zu verzichten und die Rahmenbedingungen so zu ändern, dass sich nachhaltiges Wirtschaften wirklich lohne. (bm)