Der Goldpreis hat in den vergangenen Wochen einen Preissturz erlebt, der viele Anleger verunsichern dürfte. Doch allzu schnell sollten Investoren Gold als sicheren Hafen im Portfolio nicht abschreiben, sagt Rohstoff-Stratege Nitesh Shah vom ETF-Anbieter Wisdom Tree. Er erklärt in einer aktuellen Marktanalyse, dass ein Preisverfall bei Gold in Krisenzeiten durchaus üblich ist: "Wenn wir über die Fassade hinwegblicken, können wir sehen, dass Gold sehr wohl seine traditionelle Rolle spielte." 

In Zeiten extremer Marktschwankungen kommt es dem Experten zufolge häufig vor, dass der Goldpreis analog zu den Aktien- und Anleihekursen fällt. Der Grund: In Krisenzeiten setzen viele Anleger lieber auf liquide Anlagen. Um Liquidität zu gewinnen, stoßen sie Gold und Staatsanleihen ab. Das zeigt auch ein Rückblick in das Jahr 2008. Zu Beginn der damaligen Finanzkrise fiel der Goldpreis – ebenso wie heute – parallel zu den Aktienkursen. Als die Zentralbanken im Kampf gegen die Krise ihre Geldpolitik massiv lockerten, legte der Preis des Edelmetalls dann eine beispiellose Rally hin. 

Aussicht auf Erholung
In der aktuellen Corona-Krise rechnet Shah mit einer ähnlichen Entwicklung. Er geht davon aus, dass sich der Goldpreis schnell wieder erholen könnte: "Schon allein der Umfang der Maßnahmen der Zentralbanken und Finanzbehörden wird wahrscheinlich zu einer Erholung des Goldpreises führen." Allerdings betont der Rohstoffexperte auch, dass vieles noch ungewiss ist. "Es ist schwer zu beurteilen, ob der Stimulus reicht." 

Solange nicht klar ist, wie lange die Krise andauert und in welchem Ausmaß die Wirtschaft unter der Covid-19-Pandemie leidet, bleibt der Experte mit konkreten Prognosen vorsichtig. Wisdom Tree hat mehrere mögliche Szenarien skizziert: Verläuft die wirtschaftliche Erholung in Form eines V, wird der Goldpreis bis Juni 2020 auf 1.965 US-Dollar pro Unze steigen und ab Dezember 2020 dann auf 1.370 US-Dollar je Unze fallen. Verläuft die Erholung dagegen "u-förmig", dürfte der Goldpreis bis zum Sommer auf 2.090 US-Dollar je Unze klettern und bis zum Jahresende auf diesem Niveau verharren. (fp)