Die Europäische Zentralbank (EZB) dürfte auf ihrem heutigen Treffen die Weichen in Richtung einer geldpolitischen Normalisierung stellen, sagt Yves Longchamp, Research-Chef bei Ethenea. "Wir gehen davon aus, dass das zentrale Thema der Sitzung das Programm zum Ankauf von Vermögenswerten sein wird, weil es nicht mehr notwendig zu sein scheint", sagt er. Weil sich die Inflation in der Eurozone mittlerweile dem Zielwert von zwei Prozent annähert, dürfte die Notenbank im Nachgang der Sitzung das Ende ihrer Asset-Käufe bekanntgeben, ist Longchamp überzeugt.

Beim Leitzins rechnet der Ethenea-Mann nicht mit Neuigkeiten. Laut aktueller EZB-Diktion soll der Leitzins weit über das Ende der Anleihekäufe hinaus auf dem aktuellen Niveau verharren. "Wir gehen davon aus, dass diese Formulierung unverändert bleibt, weil die EZB nicht in Eile ist, die Zinsen zu erhöhen", sagt Longchamp. Er hält es allerdings für möglich, dass die Fortfolge "weit hinaus" entgegen den Erwartungen aus der Formulierung der Notenbank verschwindet. Das wäre eine einschneidende Veränderung in der Kommunikation.

Schlechtere Wachstumsprognose
Auf der Pressekonferenz nach der EZB-Sitzung wird auch die makroökonomische Prognose für die Eurozone vorgestellt. Nach aktueller Vorhersage soll das Bruttoinlandsprodukt im laufenden Jahr um 2,4 Prozent wachsen. "Weil das Wachstum im ersten Quartal schwächer ausgefallen ist als erwartet und sich die meisten Frühindikatoren in den letzten Monaten verschlechtert haben, ist eine Abwärtskorrektur sehr wahrscheinlich", so Longchamp. Den Einfluss der politischen Situation in Italien auf die anstehende Entscheidung hält er indes für begrenzt. (fp)