Es sei "wichtig, sich daran zu erinnern, dass es klare Begrenzungen für den Nutzen negativer Einlagenzinsen als Instrument der Geldpolitik gibt", sagte EZB-Vizepräsident Vítor Constâncio bei einer Rede in New York. "Abgestufte Systeme, die direkte Kosten im Grenzbereich einfach weitergeben, können diese Sorge höchstens mildern, aber nicht ganz zerstreuen."

Die Europäische Zentralbank hat im März ihren Einlagensatz auf minus 0,4 Prozent gesenkt und die Anleihekäufe sowie Maßnahmen zur Förderung der Kreditvergabe ausgeweitet. Constâncio ist für die Frühjahrstagung des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank in die USA gereist. Ein Thema auf der Tagung wird die Effektivität von geldpolitischen Maßnahmen angesichts eines schwindenden weltweiten Wirtschaftswachstums sein.

"Kein Nullsummenspiel"
"Von einem globalen Standpunkt aus sind geldpolitische Maßnahmen, die die Widerstandskraft der Erholung in der Binnenwirtschaft stärken, kein Nullsummenspiel, bei dem verschiedene Rechtsräume nur versuchen, ihre Währungen gegeneinander abzuwerten", erläuterte der EZB-Vize. "Eine akkommodierende Geldpolitik, die die inländischen Kreditbedingungen verbessert und die nominalen Ausgaben anregt, schafft eine zusätzliche weltweite Nachfrage und führt nicht nur dazu, dass sich die Nachfrage von einer Volkswirtschaft in eine andere verlagert."

Das Protokoll der Sitzung des EZB-Rats vom 10. März zeigt, dass die Zinsentscheider eine stärkere Zinssenkung erwogen hatten, sich letztlich jedoch dagegen entschieden. Sie berieten außerdem über einen Ausnahmeplan für die Überschussreserven der Banken, den sie unter anderem wegen seiner Komplexität verwarfen.

"Es ist immer möglich, dass man an die Grenze kommt, ab der Bargeld bevorzugt wird", beschrieb Constâncio die Begrenzungen für Negativzinsen. "Die Instrumente sollten die Banken nicht dazu drängen, ihre zusätzlichen direkten Kosten weiterzugeben, indem sie Einlagenzinsen in den negativen Bereich senken oder die Kreditzinsen anheben, um die Margen zu erhöhen. Beide Entwicklungen wären für unsere geldpolitischen Ziele problematisch."

"Ergebnis für die Eurozone als Ganzes positiv"
In seiner Rede verteidigte Constâncio die Effektivität der EZB-Geldpolitik bei der Förderung des Wachstums im Euroraum. Bisher seien die Nebenwirkungen begrenzt, betonte er. "Insgesamt ist das Ergebnis für die Eurozone als Ganzes positiv, wenn man alle Auswirkungen des negativen Einlagensatzes auf die Profitabilität der Banken betrachtet", so Constâncio. "Angesichts der Tatsache, dass Geldpolitik eine Weile braucht, bis sie sich auf die Realwirtschaft überträgt, müssen sich die vollständigen Auswirkungen dieser Maßnahmen auf die makroökonomischen Konditionen noch einstellen." (mb/Bloomberg)