Italien fehlt es nach wie vor an durchgreifenden Reformen, sagt Axel Angermann, Chefvolkswirt bei Feri. Die Wirtschaft dürfte in diesem Jahr entgegen anderslautender Prognosen nur minimal wachsen. Das liege vor allem an der mangelnden Wettbewerbsfähigkeit des Landes, sagt Angermann: "Keine Regierung hat es seit der Jahrtausendwende vermocht, mittels Bürokratieabbau, Deregulierung und anderer Reformen zur Verbesserung der Angebotsbedingungen eine Trendwende herbeizuführen." Auch der neuen Regierungskoalition um Matteo Salvini und Luigi Di Maio dürfte das nicht gelingen.

Inzwischen liegen die Einkaufsmanagerindizes nicht nur in der italienischen Industrie, sondern auch im Dienstleistungssektor unterhalb von 50 Punkten und signalisieren damit ein andauerndes Schrumpfen der Wirtschaftsleistung. Die Industrieproduktion liegt zwei Prozent unter dem Vorjahreswert, die Auftragseingänge sogar vier Prozent darunter. "Die Arbeitslosigkeit sinkt zwar tendenziell, ist aber mit mehr als zehn Prozent nach wie vor sehr hoch", stellt Angermann fest.

Ruhe vor dem Sturm
Angesichts dieser anhaltend schlechten Perspektive für Italiens Wirtschaft würde es den Chefvolkswirt nicht überraschen, wenn die Ratingagenturen die Bonität des Staates bald weiter senken. Die Ratingagentur Moody’s bewertet Italien schon seit längerem gerade noch so mit dem Prädikat "Investment Grade". Sowohl S&P als auch Fitch liegen in ihren Einschätzungen noch eine Stufe darunter, haben das Rating aber bislang noch nicht entsprechend gesenkt.

"Geschieht nicht bald ein Wunder, dürfte wenigstens eine der beiden Agenturen jedoch bald den Mut finden, die Kreditwürdigkeit Italiens herabzustufen", sagt Angermann. Mit der Ruhe an den Kapitalmärkten dürfte es dann vorbei sein. (fp)