Eine überwältigende Mehrheit von Profianlegern sieht Bonitätsprüfer von Ratingagenturen für den Ausbruch der internationalen Finanzkrise mitverantwortlich. Rund zwei Drittel der im August 2008 befragten 73 Profiinvestoren sind sogar der Meinung, dass Ratingagenturen die Risiken komplexer Finanzprodukte falsch eingeschätzt haben. Trotz der immensen Skepsis und wachsender Zweifel an der Aussagekraft von Bonitätsnoten wollen die Investoren jedoch auch künftig nicht komplett auf solche Ratings verzichten. Dies ist das Ergebnis einer Umfrage der Ratingagentur Feri Rating & Research. Mit den Ergebnissen wird der Ruf nach strengeren Regulierungen untermauert, um Krisen künftig verhindern zu können.

 

Die Datenauswertung der befragten Genossenschaftsbanken, Industriekonzerne, Versicherer, Sparkassen und Altersversorger kommt zu dem Ergebnis, dass 30,2 Prozent eine Teilschuld den Bonitätsprüfern zuschreiben. Schließlich würden Aussagen dieser für viele Investoren zur Handlungsanleitung, so die Kritik. Ratingagenturen prüfen die Kreditwürdigkeit von Staaten und Unternehmen, vergeben aber auch Noten für Investmentfonds und komplexe Finanzprodukte. Dass Ratingagenturen einen erheblichen Einfluss auf das Marktgeschehen haben, zeigt sich unter anderem darin, dass die Liquidität vieler strukturierter Produkte im Zuge der Kreditkrise trotz guter Ratings fast ausgetrocknet war. Dennoch investierten fast 63 Prozent der befragten Investoren in derartige US-Ramschhypotheken, was dazu führte, dass ein Großteil der Finanzdienstleister diese Produkte in Milliardenhöhe abschreiben musste.

 

Mehrheit für Qualitätskontrolle durch Finanzaufsichtsbehörden

 

Kaum verwunderlich, wenn sich die Stimmen nach strengeren Restriktionen in Bezug auf die Überwachung und die Kontrolle von Ratingagenturen mehren. Rund 22 Prozent der Befragten gaben an, für eine Regulierung durch Finanzaufseher zu sein. Mit 73 Prozent plädiert eine Mehrheit hingegen für die Qualitätskontrolle durch Finanzaufsichtsbehörden, während nur fünf Prozent eine Selbstkontrolle der Branche für ausreichend hält. Dass die Forderungen nicht unbegründet sind, zeigt sich darin, dass die Finanzkrise noch keineswegs völlig ausgestanden ist. Obwohl die Anleger Aktien im August ein wenig optimistischer sehen, zeigt sich bei Anleihen Nervosität. Deutlich wird dies am Erwartungsindikator für Aktien, der von 20 im Juli auf nunmehr 28 angestiegen ist. "Viele Aktien sind derzeit günstig zu haben", sagt auch Jörg Urlaub, Vorstand der Incam AG, gegenüber pressetext.

 

Die Entwicklung für Anleihen wird von den Profiinvestoren hingegen nach wie vor kritisch beäugt. So kletterte der Erwartungsindikator von minus 20 im Juli auf aktuell plus zwei. Der Wert nahe null signalisiert, dass Investoren und Anleger keine eindeutige Meinung zu diesem Thema besitzen. Dies drückt sich in der gegenwärtigen Markteinschätzung aus, da nur rund die Hälfte meint, dass sich Anleihenkurse auf Sicht von sechs Monaten nicht bewegen. Je ein Viertel glaubt hingegen, dass diese Kurse steigen beziehungsweise fallen werden. Obwohl die Nachfrage nach Anleihen von kleinen Privatanlegern zurückgeht, investieren die Profis. Dies zeigt sich am sogenannten Umschichtungsindikator, der von 15 auf 20 geklettert ist. Vor allem festverzinsliche Produktsparten gelten hierbei derzeit als florierendes Wachstumssegment.