"Der Winter steht vor der Tür. Damit verschärft sich die Energiekrise, die die Energiesicherheit in vielen europäischen Ländern bedroht", sagt Salman Ahmed, Global Head of Macro im Bereich Strategic Asset Allocation bei Fidelity International. "In den Industrieländern steigen die Zinsen weiter und treiben Europa, aber zunehmend auch die USA, in eine Rezession. Derweil zieht der immer stärker werdende Dollar Kapital aus anderen Regionen ab. In Großbritannien schickte die neue Regierung Staatsanleihen mit nicht gegenfinanzierten Steuersenkungen auf Talfahrt und zwang die Bank of England zum Eingreifen. Ein möglicher Silberstreif am Horizont könnte jedoch aus China kommen."

Vor diesem Hintergrund hebt Salman Ahmed drei zentrale Themen hervor, die Anleger bis zum Jahresende im Auge behalten sollten:

1. Weiche, harte oder Bruchlandung der Weltwirtschaft? 
Die Hoffnung, dass die US-Notenbank schon bald von ihrem Straffungskurs abrücken könnte, hat sich zerschlagen. Die Währungshüter scheinen fest entschlossen, die Inflation unter Kontrolle zu bringen, selbst wenn das die heimische Wirtschaft in eine Rezession stürzen sollte. Bislang jedoch sind die Wirtschaftsdaten in den USA nach wie vor relativ robust. Unsere Indikatoren zur künftigen Aktivität haben sich im August verbessert. Zudem setzt der Dollar seinen Höhenflug fort. Mit einer harten Landung der US-Wirtschaft rechnen wir inzwischen erst Mitte 2023. In Europa scheint eine Rezession dagegen unmittelbar bevorzustehen. Die Region kämpft mit einer schweren Energiekrise, die nach unseren Analysen das BIP-Wachstum im Euroraum um vier bis fünf Prozent schmälern könnte. Weil sich die Aussichten weiter verdüstern, schließt sich zusehends das Zeitfenster für weitere Zinserhöhungen.

2. In China richten sich alle Augen auf den Parteitag
Während die meisten Industrieländer derzeit die geldpolitischen Zügel anziehen, sieht man im Reich der Mitte noch Spielraum für weitere Zinssenkungen. Aber auch China sieht sich im Winter mit diversen Herausforderungen konfrontiert. Bisher verlief die Konjunkturerholung nach den Lockdowns, die die Regierung im Rahmen ihrer Null-Covid-Politik verhängt hatte, eher durchwachsen. Nun belebt sich die Konjunktur, aber neuerliche massive Beschränkungen und der im Umbruch befindliche Immobiliensektor hinterlassen Spuren in Chinas Wirtschaft. Darauf reagiert Peking mit zusätzlicher fiskalischer und geldpolitischer Unterstützung, die die Aussichten für das Riesenreich zu Beginn des vierten Quartals deutlich aufhellen dürfte. 

3. Von der Monetarisierung zur Fiskalisierung
Europa steht ein harter Winter bevor. Viel hängt nun davon ab, wie die Regierungen, von denen viele mit innenpolitischen Problemen konfrontiert sind, versuchen, Haushalte und Unternehmen angesichts stark gestiegener Gaspreise zu entlasten. In Großbritannien konnte man sehen, welche Risiken eine großzügige Finanzpolitik in Zeiten hoher Inflation birgt. Unterdessen versucht sich die EZB an einer Normalisierung ihrer Geldpolitik, obwohl eine Rezession in der Eurozone so gut wie sicher ist. Es gibt aber auch gute Gründe, nicht allzu pessimistisch zu sein. So dürften die Regierungen umfangreiche Entlastungspakete für ihre Bürger schnüren. Viele verfügen nach wie vor über hohe Ersparnisse aus der Zeit der Pandemie, auf die sie zurückgreifen können, auch wenn diese nun schnell abschmelzen.

Was bedeutet das für Anleger?
Fidelity bleibt insgesamt defensiv positioniert. Da die geldpolitischen Zügel im Kampf gegen die Inflation weiter angezogen werden müssen, geht der Asset Manager bei Risikoanlagen von einer weiteren Schwächephase aus. Nachlassendes Wachstum und steigende Realrenditen seien Gründe, warum sich Fidelity konservativ positioniert und die Cash-Position übergewichtet. Im Aktiensegment bevorzugt das Fondshaus Titel aus den USA vor solchen aus Europa, dessen Wirtschaftsausblick wegen der Energiekrise besonders düster ist. (mb)