Fintechs werden nicht nur immer stärker wahrgenommen. Die modernen Technologien der aufstrebenden Finanz-Start-ups werden auch immer häufiger genutzt. Zu diesem Ergebnis kommt der "World Retail Banking Report" der Beratungsfirmen Capgemini und Efma. Demnach haben mittlerweile 63 Prozent aller Bankkunden weltweit Produkte wie Smartphone-Apps, Handykonten und Robo-Berater in Gebrauch. Deutsche Kunden sind mit 66 Prozent sogar noch "fintech-affiner".

Darüber hinaus zeigt die Studie, dass ein Großteil der Banken nicht ausreichend auf diese Entwicklung vorbereitet ist. So stimmen 96 Prozent der Bankenmanager weltweit überein, dass sich der Sektor in Richtung eines digitalen Banken-Ökosystems, in dem Fintechs eine bedeutend größere Rolle spielen würden, entwickle. Jedoch konnten nur 13 Prozent von ihnen bestätigen, ein entsprechendes System im eigenen Haus einzusetzen.

Die Nutzung der Dienstleistungen von Fintechs ist besonders in den aufstrebenden Märkten und unter jüngeren Kunden verbreitet. Aus Kundensicht seien die Dienste leicht zu bedienen (82 Prozent), bieten einen schnellen Service (81 Prozent) und ein gutes Kundenerlebnis (80 Prozent). Banken hingegen haben eine andere Sicht auf diese von Kunden genannten Vorteile: So stimmen weniger als die Hälfte (40 Prozent) der Banken zu, dass Fintechs ein gutes Kundenerlebnis bieten. Dass sie einen schnellen Service liefern, bestätigen sogar nur 36 Prozent der Banken – ein Unterschied von 45 Prozentpunkten (!).

Fehlende Anschlussgeschäfte 
Ein weiteres Missverhältnis zeigt sich beim Thema Bankenzufriedenheit. Dieses habe sich laut der Studie im Vergleich zum Vorjahr in mehr als 85 Prozent der untersuchten Länder verbessert. Der allgemeine Fortschritt lasse sich aber nicht greifbar in gewinnbringendes Kundenverhalten, wie Kundenbindung, Weiterempfehlungen oder den Verkauf zusätzlicher Dienstleistungen, übertragen. So seien weltweit lediglich 16 Prozent und in Deutschland 15 Prozent der Kunden gewillt, zusätzliche Dienstleistungen ihrer Bank in Anspruch zu nehmen.

Auch in Sachen Vertrauen, wo Banken selbst ihre größte Stärke sehen, holen Fintech-Unternehmen auf: Über alle untersuchten Regionen hinweg geben mehr als 88 Prozent der befragten Kunden an, ihrem Fintech-Provider voll oder zumindest in einem gewissen Maße zu vertrauen. "Wenn es den Banken nicht gelingt, mehr kundenrelevante Innovationen voranzutreiben, werden Fintechs bestehende Lücken nutzen und weitere Kunden hinzugewinnen", sagt Klaus-Georg Meyer von Capgemini. 

Partnerschaft statt Übernahme 
Um darauf reagieren zu können, sehen es fast zwei Drittel der Führungskräfte in Banken als notwendig an, Fintechs als Partner zu betrachten. Dabei geht die Mehrheit der Strategien zur Bankenentwicklung in Richtung Zusammenarbeit (46 Prozent) und Investment (44 Prozent). Übernahmen spielen hingegen weniger eine Rolle (18 Prozent). "Banken haben die Möglichkeit, kollaborativ mit Fintechs zusammenzuarbeiten. Dafür müssen die Banken jedoch agiler werden und schneller handeln, bevor sich das Zeitfenster im sich rasch entwickelnden Umfeld wieder verschließt", so Meyer.


Der "World Retail Banking Report 2016" beruht auf Daten von mehr als 16.000 Kunden aus 32 Ländern. Neben den Ergebnissen der Kundenbefragung basiert der Bericht auf qualitativen Daten aus ausführlichen Interviews mit Bankenmanagern. (dw)