"Jahrelang haben die Banken mit Freude Firmen finanziert und beraten, die anderen Firmen, oft Kunden eben dieser Banken übrigens, das Wasser abgruben", erklärt Uwe Zimmer, Vorstand der Meridio Vermögensverwaltung in Köln. "Wo immer ein Geschäft oder ein Geschäftszweig ins Netz verlagert werden konnte, traten die Konkurrenten auf – und wurden zum Teil üppig finanziert." Das betreffe große Konzerne wie auch Mittelständler quer durch die Branchen. "Nur das Finanzwesen blieb lange eine Insel der Seligen", so Zimmer.

Das aber sei jetzt vorbei. Die Banken und ihre Geschäftsmodelle werden nach Zimmers Beobachtung gnadenlos angegriffen, und das von allen Seiten. Das fange beim simplen Geldsparen an, gehe über aufwendigere Anlageformen sowie die komplette Kontoführung bis hin zur Vergabe von Krediten. "Und es endet dort nicht", so Zimmer weiter, "denn auch bei den im Backoffice der Banken angesiedelten Teilen der Wertschöpfungskette, etwa der Abwicklung von Transaktionen, der Bereitstellung von Plattformen und so weiter finden sich mehr und mehr Wettbewerber aus dem Netz oder besser gesagt: kleine findige Fintechs."

Geschäftsmodelle, die der etablierten Konkurrenz das Fürchten lehren
Auch wenn die Szene heute noch bunt, unübersichtlich und zersplittert aussieht: Laut Zimmer werden sich auch in diesem Bereich über die kommenden drei bis fünf Jahre neue Champions herausbilden. Das seien jene Firmen, deren Geschäftsmodell stark genug sei, die etablierte Konkurrenz das Fürchten zu lehren und deren Kapitalausstattung reichhaltig genug sei, auch größere Investitionen zu tätigen. "Kommt diese Kapitalausstattung heute noch zum großen Teil von Risikokapitalgebern, wird in den kommenden Jahren mehr und mehr der Kapitalmarkt angezapft werden", glaubt Zimmer.

So plane etwa die Firma Kreditech, ein Fintech aus Hamburg, für die nächsten Jahre seinen Börsengang. "Auch wenn andere das noch nicht so offensiv ankündigen, werden doch viele diesem Beispiel folgen", so Zimmer, der davon ausgeht, dass für Anleger aus dieser Entwicklung heraus Chancen auf mehreren Ebenen entstehen: "Heute schon, wenn nämlich Fintechs Geld über Online-Plattformen einsammeln, Start-up-Netzwerke bieten hier immer wieder neue Möglichkeiten", so Zimmer, "und später, wenn die Börsen zum ersten Mal an die Börse gehen."

Hier könne es sich lohnen, früh einzusteigen – allerdings immer mit der Gefahr, dann aufs falsche Pferd zu setzen, auf das Fintech-Unternehmen, das sich doch nicht durchsetzt. Die nächste Ebene sei das Abwarten, bis sich die Spreu vom Weizen getrennt habe und dann einzusteigen. "Das ist sicherer und bietet immer noch gute Chancen – man denke an einen frühen Einstieg bei Google oder ähnlichen Werten", so Zimmer.

"Dass alle überleben ist so gut wie ausgeschlossen."
Auf Bankwerte jedenfalls sollten langfristig planende Anleger aus Sicht von Zimmer erst wieder setzen, wenn die Welle der Start-ups vorbeigelaufen sei und sich zeige, welche der etablierten Banken eigentlich überleben werde. Dazu Zimmer: "Denn dass alle überleben ist so gut wie ausgeschlossen."

Den digitalen Wandel als Bedrohung für Kreditinstitute greift auch die Süddeutsche Zeitung (SZ) in einem aktuellen Bericht, überschrieben mit "Finanzbranche Im Versuchslabor" auf. Demnach wolle sich zum Beispiel die Deutsche Bank Hilfe bei jungen Finanzunternehmen holen. Ab Herbst will die Bank demnach gleich an drei Standorten, in Berlin, London und im Silicon Valley Innovationszentren eröffnen und dort den engeren Austausch mit Fintechs suchen - jener Armada an Start-ups, die weltweit ins Geldgeschäft drängen. Laut SZ sollen sie der Bank helfen, neue Produkte zu entwickeln, zum Beispiel bessere Apps für die Kontoführung und Vermögensverwaltung von Privat- und Firmenkunden oder neue Technologien, die die digitalen Abläufe innerhalb der Bank verbessern. Laut einer aktuellen Studie von McKinsey gebe es inzwischen weltweit bereits mehr als 12.000 solcher Fintechs. (hh)